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Nebenbei war mir das alles egal, was mit meinen Nerven passierte, da ich ausgerechnet hatte, den Juli 1985 nicht mehr zu erleben (für diesen Irrsinn gab Lord Satan ja die Ursache ab, indem er im Januar sagte, dass er in einem ¼ bis ½ Jahr mit mir eine Freundschaft eingehen wollte [siehe vorher]. Lord Satan kann aber ja auch nichts dafür, welche Fehlschlüsse ich aus seinen Worten folgerte...). Jedenfalls glaubte ich fest daran, demnächst das Zeitliche zu segnen, weil ich mir nicht anders vorstellen konnte, mit Lord Satan eine Freundschaft einzugehen, als damit, erst einmal zu sterben, um auch ganz dicht bei ihm (im Jenseits) zu sein. Deshalb kümmerte ich mich nun einen Dreck um alles und wartete seelenruhig auf den Tod, in dem ich die große Erlösung sah. Danach handelte ich und z.B. hielt ich es nicht mehr für nötig, mir einen Zahnarzttermin geben zu lassen, weil ich mir ein Stück Zahn ausgebissen hatte, da ich dachte, so lange ich noch lebe, wird der Zahn schon noch halten und noch nicht weh tun. Oder auch in der Arbeit scherte ich mich nicht mehr viel um alles und so riss ich mich nicht mehr besonders zusammen, wenn mich aufgrund meiner nervenzermürbenden, häuslichen Sessions wieder einmal Verzweiflungsanfälle befielen. So habe ich einmal im Pausenraum rumgeschrieen, es hätte mir niemand etwas zu befehlen und zu sagen außer Lord Satan - nämlich als die Schichtführerin mich wegen irgendeiner Sache rügen wollte - und ich benahm mich unmöglich. Was sollte ich mich auch drum kümmern, in dem festen Glauben, nur noch wenige Zeit zu leben? (Mittlerweile war es bereits Hochsommer 1985 geworden.)

Renate und ich nahmen 3 Tage Urlaub und planten einen Ausflug nach Furth im Wald. Mittlerweile hatte ich ein neues Auto, nämlich einen 10 Jahre alten Opel Kadett City, auf den ich quer übers Heck den Schriftzug " SATAN IS MY LORD ! " lackiert hatte. Die Rücksitze klappten wir nach vorne, um im Kofferraum den Kindern ein Bett zu bauen, in dem sie sich dann während der Fahrt auch pudelwohl fühlten und sich recht angenehm benahmen.

Da diese 3 Urlaubstage genau auf den Termin fielen, den ich mir zum Sterben ausgerechnet hatte, erklärte ich der Renate, wie mein Auto funktionierte, da sie keinen Führerschein besaß. Ich fürchtete nämlich, eventuell auf der Autobahn oder bei hoher Geschwindigkeit draufzugehen, so dass dann das Auto mit einer Leiche am Steuer ziemlich führungslos und mit Renate und 2 Kindern möglicher Weise schön gegen die Leitplanke donnerte, etc. und ich wollte nicht unbedingt irgendjemand in den Tod mitziehen. So erklärte ich also der Renate, die Ruhe zu bewahren und erst mal zu lenken, falls ich plötzlich hinüber wäre und ja nicht in der Panik ruckartig die Handbremse zu ziehen, da das eine ziemliche Schleuderpartie verursachen könnte, die man "Power Slade" nennt und welche nur ein Stuntman hinlegen sollte.

So fuhren wir also los. Obwohl ich von der Sterberei felsenfest überzeugt war, musste Renate die Sache doch nicht so ernst genommen haben, sonst hätte sie sich mit ihren Kindern wohl nicht zu mir in den Wagen steigen trauen...

Kaum waren wir in Furth angekommen, bekam ich Zahnweh. Nun rastete ich völlig aus. Die ständige Belastung mit Lord Satan, die Schwierigkeiten in der Arbeit und nun auch noch Zahnschmerzen und zwar nicht üble. Nun reichte es! Ich wurde unausstehlich. Ich war zu Mord und Totschlag fähig. Ich musste mich zusammenreißen, nicht jeden, den ich traf, blöd anzuschreien. Ich hasste alle Leute, ich hasste Renate, ich beneidete sie, ich hasste ihre Kinder, diese Scheißgeschöpfe in ihrer Fröhlichkeit, ich hasste Lord Satan, ich hasste mich selbst. Ich wurde regelrecht zu einem der Wesen, wie ich die Teufel in meinem Comix charakterisierte: Meine größte Befriedigung wäre gewesen, unbescholten irgendjemand fertig zu machen, ob seelisch oder körperlich - einfach jemanden zu zerfleischen! Renate versuchte, mich wieder ins Gleichgewicht zu bringen - Lord Satan hielt sich raus. Renate ging mir auf die Nerven mit ihrem Unternehmungsgeist. Erst musste ich mir den "Drachenstich" anschauen, dann musste ich mit ihr über einen Berg kraxeln und schließlich zog sie mich auch noch auf eine Wanderung mit, die kilometerlang war, weil wir uns hoffnunslos verliefen. Und dabei wollte ich eigentlich nichts anderes, als einfach nur tot sein!

Ich hab es aber überlebt, ei so eine Scheiße!

Auch auf der Rückfahrt verließ ich mein Auto lediglich auf natürliche Art und Weise. Ich ging einfach nicht hops. Als wir wieder zuhause waren, rief ich beim Zahnarzt an und ließ mir einen Termin geben. Da ich ja offensichtlich weiterlebte, holte ich mir von Renate mein Testament wieder zurück, das musste dann nicht unbedingt jemand lesen...

Weil ich es in der Arbeit auch nur im Hinblick auf meinen nahen Tod ausgehalten hatte, der ja nun ausgeblieben war, reichte ich dort die Kündigung ein. Lord Satan meldete dagegen enormen Einwand an: Er war strikt dagegen, dass ich meinen Job kündigte, aber Lord Satan war nicht mehr das, was er mal war... d.h. ich hörte nicht mehr auf ihn, wie einst - schuld ist er selber! In meiner Verzweiflung tat ich, was ich grad tun wollte, weil ich mich um nichts mehr kümmerte. Weder um das, was Lord Satan sagte, noch das, was die Renate los ließ, noch das, was ich mir selber ausdachte. Ich war völlig haltlos und reagierte nur noch spontan. Dabei war es mir momentan egal, ob die Handlungen zu meinem Vor- oder Nachteil waren.

Ich war völlig demoralisiert, da ich immer noch am Leben war und das nur heißen konnte, dass es mit der Aufgabe dieser "Freundschaft" nicht hingehaun hatte. Daher zweifelte ich oft an allem, was mit Lord Satan zusammenhing. Nächstens hatte ich auf so manche Sache gebaut, die nicht eingetroffen war. Daran war wohlgemerkt nicht der Lord Satan schuld, sondern viel mehr ich selbst, da ich mir allen möglichen Schnickschnack aus seinen Worten errechnete und folgerte.

Demnach stürzte mit meinem Weiterleben ein großes Kartenhaus in allen seinen Einzelheiten zusammen und ich wusste nicht mehr, auf welche Sachen ich mich vorzubereiten hatte. Ich hatte keine Ahnung mehr, wie der Hase lief und das Einzige, was noch übrigblieb, war Lord Satan und seine Aussagen, die mir hinten und vorne nicht in meinen Kram passten.

RAFA, 1987

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ziemlich gebrochen 


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