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Eines Tages rief mich Sissy an. Sissy ist meine Nachbarin. Sie ist blind und von Beruf gelernte Masseurin/medizinische Bademeisterin und damit mittlerweile Langzeitarbeitslose. Mit ihrem beruflichen Werdegang ist sie höchst unglücklich und schon lange wollte sie irgend etwas anderes machen, als immer nur Leute durchkneten - nur was? Vor einer Weile begann sie mit einer Weiterbildung zum Physiotherapeuten, aber nach knapp einem Jahr gab sie das wieder auf.

Nun hing sie an meiner Strippe und fragte mich, ob ich bei der Bank für sie Bürge machen würde, damit sie einen Kredit von 2.500 Euro aufnehmen könnte.
Was? Wieso?
Ja, es wär so, dass Sissy sich entschlossen hatte - schon auch aus dem Grund, weil ihr eh immer alle Leute ein Ohr abkauen und ihr ihre Sorgen erzählen - dass sie eine Psycho-Schule besuchen wollte und "Psychotherapeut auf Heilpraktikerbasis" werden wollte. Nun gab es zwei Arten von Psycho-Schulen: einmal sei da in jeder größeren Stadt die Paracelsus-Schule, bei der ein entsprechender Lehrgang insgesamt 10.000 Euro kosten würde - zum anderen wäre da in Nürnberg noch eine Schule und dort kostet der Lehrgang, ein Crash-Kurs, insgesamt "nur" 2.500 Euro. Nun hätte sie ja auch noch das große Glück, in Nürnberg zu wohnen und wollte sich also auf dieser Schule anmelden. Beim Arbeitsamt hatte sie schon nachgefragt, ob die Ausbildungskosten übernommen werden, aber die hätten abgelehnt.
"Ja... denkst denn du, dass du das schaffst?" fragte ich und meinte, bevor ich bei der Bank als Bürge auftrete, da leih ich ihr das Geld "halt so", wär doch gescheiter.

Ich ging also erst einmal runter zu Sissy und sah mir das mit der Schule ( Ardea) so an: Der Unterrichtsstoff wiederholt sich jährlich. Mittwoch- und Donnerstagabends gibt es je 3 Unterrichtsschulstunden und am Samstagvormittag noch einmal welche. Besucht man wöchentlich alle 3 Vorlesungen, wird man am Ende des Jahres zur Prüfung vor dem Amtsarzt zugelassen. Man kann die Ausbildung auch ruhiger angehen und das Ganze über 2 Jahre ausdehnen und nur einmal die Woche antanzen. Eine Vorlesung kostet für Schüler 36 Euro, zusammen mit Büchern und Unterrichtsmaterial kommt das auf ca. 2.500 Euro für die gesamte Ausbildung. Die 1. Vorlesung gilt als Probeunterricht und ist kostenlos. Man kann jederzeit quereinsteigen, da die einzelnen Themen in Blocks unterteilt sind und die Blocks nicht aufeinander aufbauen. Gerade am 26. März beginnt der Block "Psychiatrie" über 13 Vorlesungen und da wollte Sissy einsteigen.

"Weißt' was?" sagte ich "ich geh da mit!". Ich find das wirklich interessant und wenn die 1. Stunde kostenlos ist, dann geht mir ja nichts ab und ich schau mir das mal an. Wenn ich Feuer fange, wollte ich zumindest mal die 13 Psychiatrie-Vorlesungen mitmachen und ob ich danach noch weiter mache, seh ich schon.

Sissy freute sich riesig. Ich konnte ihr den Weg zeigen bzw. sie hinfahren, ihr zu Sehendes erklären, ihr die Bücher vorlesen, im Unterricht mitschreiben und mit ihr lernen.

So gingen wir also zusammen in den Probeunterricht.

Das ist ja total lustig! Am nächsten Tag nervte ich sofort Kollegin Janine, wenn sie in der Arbeit weiterhin so somnolent ist, soll sie heim gehen in ihr Bett und dass sie immer nur vom kommenden Freitag und dem Wochenende erzähle, sei ein eindeutiger Fall von Perseveration. Des weiteren befände ich mich gerade im nihilistischen Wahn und meine doch, diese ganze Arbeit hier, die hat doch überhaupt keinen Sinn!

Übrigens: Wenn einer dumm geboren ist, nichts dazu gelernt hat und die Hälfte wieder vergessen hat, ist das ein eindeutiger Fall von Oligophrenie mit subakuter Demenz.

Sissy fragte nach der Vorlesung die Dozentin, ob sie als Blinde denn Chancen hätte, dem Unterricht zu folgen und die Prüfung zu bestehen. Die Dozentin sah hier kein Problem, nur musste man mal am Gesundheitsamt anfragen, ob Sissy denn überhaupt zur Prüfung zugelassen werden würde. Sissy rief dort gleich am nächsten Tag an und erhielt eine negative Auskunft: Weil sie in diesem Beruf Ersthilfe leisten können muss, wird sie als Blinde in Bayern nicht zur Prüfung zugelassen.

31.03.2003:
Sissy war total deprimiert. Sie ruft nun die Gesundheitsämter der anderen Bundesländer an, um DORT vielleicht eines Tages praktizieren zu können. Ansonsten geh ich halt jetzt alleine weiter in die Vorlesung. Die nächste ist am 2. April 2003.

Nun musste ich feststellen, dass mein Chef deutlich am läppischen Affekt leidet und ganz offensichtlich bei ihm eine Retardierung während der analen Phase stattgefunden haben muss. Darum gibt er noch heute so viel Scheiße von sich...

07.04.2003:
Sissy hat nun auf dem Gesundheitsamt in Frankfurt erfahren, dass sie in Hessen zur Prüfung zugelassen werden würde. Sie ging aber bisher noch nicht wieder mit in die Vorlesung, weil sie noch auf die schriftliche Zusage aus Frankfurt wartet, bevor sie hier 1 müden Euro investiert.
Gesucht wird nun ein Mensch aus Frankfurt, der Sissy bei sich anmeldet (sie wohnt natürlich weiterhin in Nürnberg), weil sie mindestens 3 Monate in Frankfurt wohnhaft gemeldet sein muss, um dort zur Prüfung zugelassen zu werden.

Nachtrag 29.11.2004:
Sissy hat das damals dann aufgegeben und verfolgt gerade wieder ganz andere Ziele, die sie wahrscheinlich genausowenig wirklich will, wie Psychotherapie lernen. Ich hab jetzt noch 4 Vorlesungen, dann bin ich fertig.


10.04.2003:
Das war nun leider vorerst die letzte Vorlesung, denn ab sofort sind Ferien (es ist Ostern)! Was? Ferien? Ich hasse Ferien! Wozu brauch ich Ferien?! So eine schwule Weicheierei! Ich bin gegen Ferien! Ferien gehören abgeschafft!


07.05.2003:
Es geht weiter mit Angst- und Panikstörungen und somatoformen Störungen.

Nachtrag: Ich hab das dann wirklich 2 Jahre lang durchgezogen, den ganzen Kurs fertig gemacht und bin zur Prüfung vor dem Amtsarzt angetreten. Die mündliche Prüfung hab ich aber vor lauter Aufregung versiebt und damit hab ichs dann auch gelassen, denn ich wollt ja eh nie wirklich als Therapeut arbeiten.



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