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Altersphasen

Eine Butter – eine Dose Tomatensoße – ein Päckchen Käse – damit stellte ich mich an die "Schnellkasse".

Vor mir standen etwa 7 Kunden, aber es ging ja hier recht schnell. Ich guckte gelangweilt so ein bisschen in die Runde und betrachtete die bunten Zigarettenschachteln, obwohl ich überhaupt nicht rauch. Schon legte der Mann vor mir seine Waren auf das Kassenband, aber: Moment mal! Ich überflog seine Teile kurz und schon platzte es aus mir raus: "Hee da, das hier ist die Schnellkasse, Sie haben zu viele Teile!" Barsch wetterte der Mann zurück: "Das stimmt nicht! Können Sie nicht zählen?" Tatsächlich, wie peinlich: Ich hatte mich verschaut, es waren wirklich nur 6 Teile.

Was geht mich das überhaupt auch an? Was gagger ich denn da rein? Hab ich keine anderen Probleme?


Eine Tüte Nudeln – ein Glas Oliven – eine Salatgurke – so stand ich wieder mal an der "Schnellkasse".

Ich überlegte, ob ich nachher noch zum Schreibwarenladen gehen sollte und mir ein Magazin kaufen sollte? In die Apotheke wollte ich auch noch. Unterdessen schlichtete die Dame vor mir aus ihrem Einkaufswagen das Förderband voll. Sie schlichtete und schlichtete und schlichtete. Sie hatte mindestens 20 Teile! "Hee da!" empörte ich mich "geht's noch? Das hier ist die Schnellkasse!" "Ja und?" wetterte die Dame zurück "zählen Sie doch durch!" und die Kassiererin erklärte mir: Man darf maximal 6 verschiedene Artikel haben. Wenn man 20 Teile vom selben Produkt hat, zählt das als 1 Artikel. Ach so? Ja gut, das wusste ich noch nicht. Das werde ich mir merken.

Kann ich denn nicht mal meinen Mund halten und mich aus anderer Leute Krimskrams einfach raushalten? Ist das jetzt ein Phänomen meines fortgeschrittenen Alters und wie lang wird es noch dauern bis ich mich über die Kleidung oder den Sittenverfall unter den Jugendlichen echauffiere?


Eine Dose Tunfisch – eine Tafel Schokolade – ein Pfund Kaffee – so stand ich schon wieder an der "Schnellkasse".

Wenn ich draußen war, würde ich gleich meine Freundin anrufen und dachte darüber nach, was ich ihr alles erzählen wollte. Die Kasse ging aber dieses Mal schnell, denn schon kam der Kunde vor mir an die Reihe. Ganz genau zählte ich seine Teile durch. Es waren eindeutig lauter verschiedene Teile und deren waren es eine ganze Menge, mindestens 10 Artikel! "Hee da!" motzte ich "das hier ist die Schnellkasse! Sie haben zu viele Teile!" "Wieso?" fragte der Mann und deutete auf die Anzeigetafel über der Kasse. "Man darf 12 verschiedene Teile haben!" Deutlich war zu erkennen, dass die Zahl überklebt worden war mit einem Schild, auf dem nun "12" stand, statt wie bisher "6". "Oh tatsächlich!" wunderte ich mich "die Anzahl wurde erhöht, entschuldigen Sie." In Zukunft werde ich einfach meinen Mund halten, nahm ich mir vor. Aber ich könnte wetten, das schaffe ich nicht und mit dem Nächsten, der meines Ermessens nach zu viele Teile an die Kasse legt, lege ich mich wieder an!

Warum platzt das immer wieder aus mir raus? Was geht's mich denn an? Sagt mir doch mal, warum ich das mach? Kann man denn diese Lebensphase mit ihrem Altweibergemecker nicht einfach auslassen?


Sünden-Dackel

"Wir kriegen immer überall Absagen wegen dem Hund" jammerte die Frau am Telefon. "Ja, dann kommen Sie halt einfach mal vorbei und schauen Sie sich die Wohnung an" antwortete ich und nannte der Frau noch die Adresse. Um 15:30 Uhr sollte die Wohnungsbesichtigung sein.

Als es klingelte und ich von oben aufdrückte, hörte ich unten die Haustür aufgehen – weiters geschah erst einmal nichts. Dann klang aus dem Hausgang ein Gemurmel und schließlich knarzte das hölzerne Treppengeländer schwer in seinen Angeln. In der Zwischenzeit war oben bei mir im 2. Stock ein niedlicher Dackel angekommen. Er hüpfte noch gar die letzten Treppen hoch und guckte mich aus putzigen Kulleraugen neugierig an. "Na, du bist aber ein Lieber..." begrüßte ich ihn und streichelte ihm über den Kopf.

Die Treppen im ersten Stock ächzten nun laut, es keuchte und man hörte an jeden einzelnem Tritt, dass sich ein ziemlich schweres Gewicht nach oben schleppte. Endlich bogen die beiden Bewerber an der Zwischenetage zum zweiten Stock um die Ecke.

Au weh! Es bereitete mir Mühe, mein Erschrecken zu verbergen: Es wälzte sich eine ältere Frau die Treppe hoch, die wog mindestens 3 Zentner. Das wär noch gar nicht so schlimm gewesen, aber die ganze Erscheinung...! Gut, in dieser Gegend waren die Leute nicht reich und die Kleider der Frau waren deswegen recht ärmlich, aber sie waren auch schmuddelig, fleckig und hingen unordentlich um ihre massige Gestalt. Sie trug badeschlappen-ähnliche Plastikschuhe, eine Art Trainingshose, darüber einen weiten Pulli, der allerdings ihr Hinterteil nicht mehr zu umschlingen vermochte und sich darüber in Falten stapelte. Ich mochte gar nicht so genau hinsehen, aber wenn sie unter dem Pulli überhaupt einen BH trug, dann war dieser von solchen Massen natürlich völlig überfordert. Die Brüste hingen ihr also rechts und links wie dicke Schläuche um ihren gigantischen Bauch.

"Sind wir endlich oben?" jammerte die Frau. Die fetten Haare, von denen ich gar nicht wissen wollte, wann sie das letzte Mal einen Shampoo gesehen hatten, hingen ihr strähnig in ihr ordinäres Gesicht. Die berufliche Karriere anderer Leute ist mir ja nun wirklich egal, aber man sah es ihr heute noch an, welchem Gewerbe sie in ihrer Jugend nachgegangen war.

Hinter der Frau ächzte ein Mann die Treppen hoch. Er war nicht ganz so fett wie seine Gefährtin, passte aber gut zu ihr. Dunkle Ringe hatte er unter den Augen, eine rötlich geäderte Schnapsnase und als er mich anlächelte, sah ich einige Lücken zwischen seinen nikotingelben Zähnen. Schon leicht ergraut waren die Bartstoppeln in seinem unrasierten Gesicht und einige dicke Pusteln verstreuten sich um die Backen. Dazu wehte mir ein säuerliches Düftchen entgegen, als hätte er soeben den Rausch eines mehrtägigen Saufgelages ausgeschlafen.

Das Paar war offensichtlich frisch aus der Bahnhofskneipe entsprungen.

Diese Leute wollte ich so schnell wie möglich wieder aus dem Haus haben, sonst musste ich nachher noch den Kammerjäger holen, und weil mir auf die Schnelle nichts Besseres einfiel, sagte ich: "Oh, Sie haben ja einen Hund! Das tut mir jetzt Leid, aber es sind in diesem Haus leider keine Haustiere erlaubt."


das Papier

Der Mensch ist wie ein Blatt Papier
ganz unbeschrieben landen wir hier.
Sehr blank und rein sind wir geboren
und harren dem, wozu wir auserkoren.

Das eine Blatt Papier ist schnell beschrieben
mit "Zucker, Mehl, Milch, Brot und Rüben"
doch nach dem Einkauf wird der Zettel
entsorgt in der Tonne unterm Deckel.

Das andere Papier hat des Glückes mehr,
denn alle Welt begehrt es sehr
um der Zahl, die drauf zu sehen,
denn als Geldschein wurde es versehen.

Es wird gegeben von Hand zu Hand
und reist so kreuz und quer durchs Land;
wird geliebt, bewahrt und streng behütet,
so dass so mancher auf ihm brütet.

Im Buchregal als eines Buches Seiten
vergilbt ein Blatt Papier seit Zeiten
und döst dahin fast unbenutzt,
wird nicht einmal vom Staub geputzt.

Im Labor wird mit viel Chemie
ein Foto entwickelt, da sieh!
Das Portrait einer schönen Frau
sieht man auf dem Papier genau.

Doch weil sie ihn verschmähte
und Wut in seinem Herzen säte,
greift der Mann zum Streichholz dann
und zündet das Papier mit dem Foto an.

So verbrennt die Seite aus Papier
nur um des Bildes wegen auf ihr.
Denn des Papieres Wert sich stets bemisst
von dem, was auf ihm geschrieben ist.

Doch was da steht auf dem Papier,
ist nicht es selbst, nur seine Zier.
Es ist der Träger dessen, was ihm geschieht
und nur darum gehasst oder geliebt.

Was gilt ein Papier, auf dem nichts steht?
Das blitzeblank und rein vergeht?
Sein einziger Wert liegt in der Möglichkeit,
dass jemand etwas auf es schreibt.

So ist am Menschen nur begehrt,
was er erlebt, ihm widerfährt,
was ihn geprägt, was ihn geformt,
wozu die Welt ihn hat genormt.

Doch die Substanz, das Blatt Papier,
das wir doch sind im Grunde hier:
Wer soll das wollen, wem ist das wichtig?
Es ist als solches völlig nichtig.



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