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Rafa's Homepage

Ende 1996 bekam ich über die Firma B*** Zeitarbeit, bei der ich seit über 10 Jahren angestellt war, einen Einsatz als Teamassistentin im Konsortium I***, dessen Projektleitung von der Firma S****** gestellt wurde. Obwohl man der Chefsekretärin E** kaum etwas recht machen konnte und sie sich von früh bis abend maßlos über jeden aufregte, besonders über ihre Kollegin Frau B*********, kam ich ganz gut klar mit der Crew. Nach einigen Monaten und einigen Neustrukturierungen des Büros saß ich schließlich im rechten Teil zwischen H**** (die war 2 Jahre älter als ich, hatte Mann und Familie und war so richtig gutbürgerlich, aber tolerant und aufgeschlossen) und der erzkatholischen K**** vom Lande, die war Anfang 20.

Weil K**** eine Frühaufsteherin war, kam sie schon um 6:15 ins Büro, dafür ging sie schon um 15:00 Uhr.
H**** war eine Halbtagskraft.
Ich dagegen kam grad mal gegen 10:00 Uhr angetrudelt und blieb mindestens bis 19:00 Uhr, es kam auch oft vor, dass ich erst nach 21:00 Uhr Feierabend machte.

Der Chef, Herr F****** - mein Beileid! - hatte dagegen die dazupassende Arbeitszeit von 6:15 Uhr bis 21:30 Uhr. :-(

Ja und da lief es eben so ab: Montag früh kam H**** und erzählte, dass sie gestern wieder mit Mann und ihrer kleinen Tochter Pilzesammeln im Wald war. Dann kam K**** und erzählte, dass gestern grad wieder heiliger soundso-Tag war und sie war nach dem Gottesdienst auf Wallfahrt und durfte die heilige Maria schmücken. Und dann kam ich und sagte "oh nette Wochenendbeschäftigungen, ICH war samstags bis 2:30 Uhr in der Gruftie-Disco und nachher noch auf dem Friedhof und hab geile Fotos geschossen für meine Homepage" (meine Homepage war da grad in der Aufbauphase).
Aber jede machte ihre Grenze vor der anderen und keine gackerte der nächsten was rein und so kam es, dass wir uns prima verstanden und ich mir von H***** Kochrezepte und Tips und Tricks fürs Eheleben geben ließ, mir von K**** erzählen ließ, wie man bei der Kirchweih den Betzen raustanzt und die von mir erfuhren, was wieder grad für Piercings im Underground in sind und wie es ist, wenn man sich tätowieren lässt usw..

Da gefiel's mir und ermuntert von den anderen Mitarbeitern begann ich, mich für eine Festanstellung zu bewerben.

Um meine Bewerbung wirklich perfekt zu machen, arbeiteten alle Mädels mit, besonders die Chefsekretärin E** und die andere Sekretärin L***. Die Bewerbungsphase zog sich über ein gutes Jahr hin. Meine Bewerbung lag zuerst mal auf dem Tisch des Chefs meines Chefs, von dort aus kam sie auf den Tisch des Chefs vom Chef meines Chefs und dann gondelte sie noch beim Betriebsrat herum und brauchte noch vom Herrn X und Y eine Unterschrift, aber der war soeben auf Geschäftsreise und so ging das weiter. Nach einem Jahr hatte ich endlich einen Arbeitsvertrag vorliegen, der war allerdings befristet und ich weigerte mich, ihn zu unterschreiben - befristet lasse ich mich nicht einstellen, das mach ich nicht, fertig. Deswegen zog sich alles noch mal ein paar Wochen hin und ich bekam einen unbefristeten Vertrag, da stimmte das Gehalt allerdings nicht. Nachdem auch dieses Problem beseitigt war, bekam ich endlich einen allen Parteien passenden Vertrag und ich unterschrieb. Ab 1. bzw. 2. Mai 1998 sollte ich also im Konsortium fest anfangen. Ich musste mich nur noch vom Betriebsarzt routinemäßig untersuchen lassen.

Am angegebenen Termin ging ich also runter zum Betriebsarzt und machte einen Sehtest, ich wurde gewogen, gemessen, was weiß ich und ich musste mich auch bis auf BH und Slip ausziehen und auf eine Bahre legen, wo mich der Arzt dann untersuchte, abgriffelte und an mir rumhorchte und überhaupt: wäh, scheußlich! Als ich so fastnackt auf der Bahre lag, entdeckte der Arzt mein Kreuz um den Hals, das ich normalerweise während der Arbeit doch lieber unter den Klamotten trug und fragte, was das zu bedeuten hatte. Ich antwortete nur einsilbig, aber er bohrte nach und wollte wissen, was das heißt und warum es auf dem Kopf stand und ob ich denn schwarze Messen feierte. "Nein, Schmarrn!" meinte ich und gab ihm die URL meiner eben fertiggestellten Homepage (auf die ich ja irgendwie auch kindlich stolz war), auf dass er sich doch im Netz informierte, was "ich da mache" - weil ich hatte nun wirklich keinerlei Lust, während dieser unangenehmen Untersuchung auch noch philosophische Diskussionen zu führen. Er ließ mich denn auch in Ruhe und versuchte nur noch, mich als neues Mitglied in der S******-Betriebskrankenkasse zu gewinnen, dann durfte ich endlich wieder gehen.

Die Sekretärin L*** war mittlerweile schwanger und wollte zum Mai in den Mutterschutz gehen und so planten wir eine Feier, L*** zum Ausstand und ich zum Einstand - ich wollte für die Getränke sorgen und L*** für die Fressalien.

Ich kündigte natürlich fristgemäß bei der Zeitarbeit B*** und nahm für die letzten beiden Wochen meinen restlichen Urlaub. Ach es war lustig und ich freute mich und ich machte auch Pläne: Mein Gehalt hatte sich verbessert, ich würde mir nun bald doch noch dieses und jenes leisten können. Weil die Firma S****** mitten in der City von Erlangen lag und ich zwecks zentraler Parkplatznot immer etwas außerhalb parkte, kaufte ich mir ein Fahrrad extra für Erlangen und fuhr den Weg vom Auto ins Büro täglich mit dem Fahrrad. Idealist, wie ich bin, knüpfte ich auch einen emotionalen Vertrag mit dem Konsortium I***, war es doch nun MEINE Stelle und ich ein Teil seines Teams.

Allemal: Ich nahm meinen gesamten Resturlaub Ende April 1998.

3 Tage vor dem 2. Mai klingelte das Telefon. Ich war grad beim frühstücken, noch hatte ich ja Urlaub... Es war Frau B***, die Chefin der Firma B*** Zeitarbeit, mit der ich mich eigentlich auch sehr gut verstand. Die druckste ein bisschen rum und dann sagte sie: "Wissen Sie eigentlich schon, dass sie am Montag nicht bei S****** anfangen können?" "Was? Nein! Warum?!" Wollten die den Termin verschieben? Was war denn dazwischengekommen? Passte der Vertrag doch wieder nicht?
Ein entsprechendes Schreiben sollte heute in meinem Briefkasten liegen - ich holte das - tatsächlich, da lag es! Darin stand, die Firma S****** trete von dem Arbeitsvertrag zurück. Auch über die Firma B*** Zeitarbeit bräuchte ich das Haus S****** nicht mehr betreten. "WAS? Warum???"

Das bedeutete im Klartext:
Ohne Angaben von Gründen hatten sie mir noch vor der Probezeit gekündigt, vor Antritt des Arbeitsverhältnisses, am Betriebsrat vorbei, gerichtlich konnte man da gar nichts unternehmen.
Außerdem hatte ich Hausverbot bei S******.
Ja, warum denn??? Was war denn? Was wirft man mir denn vor?

Frau B*** erklärte mir, das habe irgendwie mit meiner Homepage zu tun.
Meine Homepage? Aber was ist damit?
Auf meinem Desktop wäre ein Download von der Titelseite gefunden worden. Ich hätte während der Arbeit meine private Homepage produziert.
Was? Ist doch nicht wahr! Die habe ich zuhause gemacht - schon allein, weil ich mich darauf doch in der Arbeit gar nicht hätte konzentrieren können. Schließlich steht darauf nicht nur der Wetterbericht, sondern es ist doch wohl erkennbar, dass ich mich da gedanklich ziemlich reinvertieft habe. Außerdem habe ich sie noch dazu an einem SONNTAG ins Netz gespielt, am Datum der Dateien kann man das erkennen!
Ja, sie weiß ja auch nicht, meinte die Frau B***.

Ich rief im Konsortium an: Die Leute vom Team waren tief bestürzt über den Vorfall. Selbst der Hauptprojektleiter meinte, da könnte er nichts mehr tun, die Sache "Homepage" habe bereits übergroße Dimensionen angenommen und läge auf einem Tisch in der höheren Führungsebene. Ja, verdammt noch mal, um was geht es denn eigentlich??? Keiner konnte mir das konkret erklären, bis heute weiß ich nur vages Gestammel über traditionelle Etikette des Konzerns, Konservatismus, Promotion und Befleckung weißer Westen ... äh, ja mit WAS denn?

Die Sekretärin E** führte ein längeres Telefonat mit mir:
Grund sei also meine Homepage, insbesondere Satanismus. Der Abteilungsleiter habe ein unklares Gesabbel abgelassen, dass sein Sohn im Sommer Ferienjob auf der I***-Etage machen wollte und da könnte es ja sein, dass er mit mir zusammentrifft und ich könnte dann mit dem heiligen Sohn vom Abteilungsleiter irgendwas anstellen... Ja, was soll ich denn mit dem Sohn anstellen? Hat er Angst, ich vergewaltige seinen Sohn? Ich verstehe das nicht!? Um was geht es denn bitte konkret?! "Du kennst doch den Dr. W******?" meinte E** nur - "ja freilich kenn ich den, aber ich weiß mir diesen Text trotzdem nicht zusammenzureimen...!" und außerdem hatte es nie den Eindruck, als wenn Dr. W****** etwas gegen mich hätte, ich komm da echt nicht mehr mit!
Außerdem wäre noch auf meiner Homepage ein Link zu einer Seite, wo von Babyopfern die Rede ist. "Was???" Oh ja! Die Seite fiel mir sofort ein: Es handelt sich um die Satanskirche Albersdorf! Die "Satanskirche Albersdorf" besteht aus vermutlich 3 Jugendlichen im Alter von 19 bis 22, die da in einer Scheune ihres 1000-Seelen-Dorfes manchmal Party feiern. Als Höllenhund haben sie auf ihrer Site den Kleinköter (Dackel?) ihrer Eltern abgebildet und was den Teufel betrifft, den sie angeblich anbeten, so zeigen sie da ein rot-schwarzes Plüschtier aus der Losbude vom Volksfest. Die Seite ist doch ein Joke, das sieht man doch! In einem Eck steht freilich: "Wir suchen noch Mitglieder. Bevorzugt werden schwangere Frauen für unsere Babyopfer" Ja müssen denn die unbedingt noch "Ha-ha" dahinterschreiben??? Mir bleibt wirklich die Spucke weg! Also ich finde die Site der Satanskirche Albersdorf immer noch witzig!

"Ja, aber, aber, du weißt doch...": Zum Beispiel in Amerika das mit C*** C*** - weil auf der Banderole ein 5-zackiger Stern abgebildet war, verbreiteten Christen in Amerika, die Firma C*** C*** habe mit dem Satan einen Pakt geschlossen und sollte dafür als Gegenleistung an den Teufel das Satanszeichen "Pentagramm" auf der Flasche abbilden. Und seitdem sind die Umsätze fürchterlich zurückgegangen, weil die christlichen Amerikaner kein C*** C*** mehr trinken.
Die spinnen, die Amis, ja ja, das weiß ich. Aber wir sind doch hier weder in Amiland, noch im Mittelalter?! Dachte ich eigentlich...

Anhand der Statistik hinter meinem Counter konnte ich feststellen, dass ca. die letzten 100 Zugriffe auf meine Homepage nur von S******-Abteilungen stammten: Die Persa, der Betriebsrat, die vorgesetzten Stellen der Abteilung... 3 Zugriffe waren auch von der Firma B*** Zeitarbeit und einige wenige dazwischen von mir unbekannten Privatpersonen.

Im Gästebuch hatte sich die S******-Mitarbeiter (und ehemaligen Kollegen von mir aus der Automatisierungstechnik) H**** und A******* eingetragen - einfach so, weil ich sie eben vor kurzem anschrieb "Hey Leute, meine Homepage ist jetzt online, schaut sie euch doch mal an und schreibt was ins Gästebuch!" und so schrieb H**** irgendeinen Gruß an mich, von der Sorte "hallo RAFA, nett dich zu sehen, gut schaust du aus, wie gehts dir denn?". Umgehend musste ich die Einträge löschen und warnte auch die beiden, dass hier plötzlich um meine Homepage ein Riesentrara gemacht wurde und ich nicht garantieren könnte, inwieweit das auch für sie Konsequenzen hatte. Großes Zittern - aber die wurden dann nicht belangt - außer dass sie womöglich irgendwelche Einträge in irgendwelchen Akten haben, die uns nicht bekannt sind.

Innerhalb kürzester Zeit zogen sich die Leute vor mir zurück (bis auf H**** und Y***** - die weiß ich zu schätzen!): Die Sekretärin E** wollte nicht mal mehr von meinen Pseudos Mails erhalten, weil sie sagte, ihre Mailbox würde überwacht. Na also bitte! Da sie aus der ehemaligen DDR stammte, dachte ich, sie hat in der Beziehung wohl einen paranoiden Schaden...! Aber schließlich wollte sie auch nicht mehr mit mir telefonieren und erklärte mir, ich wüsste ja, dass sie 2 Pferde besitze und wenn sie nun auch ihre Stelle verliert, wovon soll sie denn die Pferde finanzieren...? Aus lauter Angst habe sie sogar die eine Mail von mir an ihren Vorgesetzen zur Kenntnisnahme weitergeleitet, damit man sieht, dass sie sich deutlich davon distanziert und nichts damit zu tun hat und doch auch nichts dafür kann, wenn sie von mir Mails kriegt...
Also bitte! Das war in den 70er Jahren fei noch anders, Leute! Ich bin wirklich enttäuscht.

Also, dass McD******'* um sowas ein Theater macht, das lasse ich mir ja fast noch eingehen, aber von einem Konzern der Sorte S******, mit den Dogmen "Innovation - Hightech - Fortschritt" hätte ich doch etwas mehr erwartet! Wirklich. Vielleicht Niveau, oder Geist, ich weiß nicht... ich bin ehrlich fassungslos.

Die Firma B*** Zeitarbeit stellte mich zum Glück wieder ein - schließlich hatte ich über 10 Jahre zuverlässig für den Verein gearbeitet. Ein übles Manko ist es natürlich: S****** stellt ca. 75% der Aufträge bei Zeitarbeiten. Für mich als Einsatz bleiben nur noch 25% - sofern sie meiner Qualifikation entsprechen. Und das - als wenn ich irgendetwas verbrochen hätte...! Ich kann es nicht verstehen.


Nachtrag:

Am 3.6.1998 - 4 Wochen nach dem Vorfall - verunglückte das Produkt des Konsortiums und hinterließ 109 Tote.

Es tut mir ja auch Leid um die Leute, aber ... gesegnet seien die deformierten Trümmer, sie sind mir ein Trost der Hölle! Eine rote Blutspur zeichnet den schneeweißen Namen nun mit dem Hauch des Todes und der wird ihm bleiben.



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