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Ein Märchen aus Litauen, zitiert aus der Seite Araschkas Geschichtenkiste
Auf einem Hofe lebte ein junger Wirt, der hatte eine schöne junge Frau geheiratet. Und sie passten auch sonst so gut zueinander, dass niemals und zu keiner Stunde je ein böses Wort zwischen ihnen gesagt worden ist, sondern sie sprachen immer liebevoll zueinander, und sie küssten sich immerzu und zu jeder Zeit.
Sie hatten also nie gelernt, konstruktiv zu streiten, hatten nie Konflikte zusammen bewältigt, sondern dieselben Kraft ihrer jungen Verliebtheit einfach umgangen. Sie hatten einander nicht näher kennengelernt als bis zu ihren knutschenden Lippen und schienen noch nicht einmal zu erahnen, dass das Gegenüber aus mehr als den solchen bestand. Nun, diese Naivität und das Versäumnis seelischer Arbeit sollte sich rächen... |
Als er so dahinzog, traf er eine alte Frau, die auf ihrem Bettelgang unterwegs war.
Sie fragte ihn: "Gevatter, was spuckst du denn so arg?"
Der Teufel brauste auf und antwortete: "Ach, lass mich in Frieden und frag mich nicht, denn du kannst mir ja doch nicht helfen!"
"Warum denn?" antwortete die Frau. "Wir Weiber wissen sehr viel und verstehen sehr viel. Sage nur frei heraus, was dir fehlt, vielleicht kann ich auch dir helfen, wie ich schon vielen geholfen habe."
In Anbetracht des kargen Lohnes, den die hilfsbereite Alte - die schon vielen geholfen hat - für ihre Dienste verlangt, stellt sich doch die Frage ihres Motivs: Mitleid, Ehrgeiz oder Spaß an der Freud? Warum hilft die alte Frau dem frustrierten Verlierer von Teufel? |
Nun ging sie zu dem Hof zu der jungen Hausfrau. Die war gerade allein zu Hause, ihr Mann pflügte auf dem Acker. Das Weib ging in die Stube und bat zuerst um ein Almosen, und als sie das bekommen hatte, fing sie an, mit süßer Stimme sich einzuschmeicheln und allerlei Torheiten zu reden: "Ach, du mein liebes Herzchen, wie bist du mir so schön und lieblich! Dein liebes Männlein, so scheint mir, kann sich über dich nur von Herzen freuen. Ich weiß sehr wohl, dass ihr schön und einträchtig zusammen lebt wie sonst niemand auf der ganzen Welt. Aber mein Hühnchen, mein Töchterchen, ich will dir sagen, dass ihr in noch schönerer Eintracht leben könnt und euch das ganze Leben lang kein einziges böses Wort sagen werdet!"
Die junge Frau freute sich und bat das Weib, sie das Geheimnis zu lehren, sie würde sie auch reichlich beschenken.
Das Weib sagte: "Auf dem Kopfe deines Mannes unweit des Haarwirbels wächst ein graues Haar. Das musst du ihm ganz nahe an der Kopfhaut, doch ohne dass er etwas merkt, abschneiden, dann werdet ihr euer ganzes Leben lang nicht nur in solch einer Liebe leben wie bisher, sondern in einer noch viel größeren!"
...und als wär dem jungen Weib ihr Glück noch nicht genug, strebt sie doch nach noch mehr, traut der eigenen Liebe nicht und kann sich vorstellen, dass es eine noch größere Liebe geben sollte. Mit der Verliebtheit kann doch da etwas nicht stimmen? |
Als nun die Mittagsstunde gekommen war, da holte die junge Frau sich das Rasiermesser ihres Mannes und steckte es in ihre Tasche. Aber ihr Mann erwartete mit großer Unruhe die Mittagszeit, denn er wollte wissen, ob das alles Wahrheit war, was die Alte ihm erzählt hatte.
Als sie zu ihm gekommen war, umarmten sich beide und tauschten süße Küsse, wie sie es gewöhnt waren. Und dann setzte er sich, um Mittag zu essen.
Als er gegessen hatte, sagte sie zu ihm: "Komm her und lege dein liebes Köpfchen in meinen Schoß und halt ein Mittagsschläfchen, denn du bist doch von der Arbeit am Vormittag müde geworden."
Er machte das denn auch und tat bald so, als ob er schliefe, denn schon jetzt meinte er, dass alles wahr sei, was die Alte ihm gesagt hatte. Als sie nun schon meinte, dass er schliefe, zog sie langsam das Rasiermesser aus der Tasche, um ihm das graue Haar abzuschneiden. Doch da er nicht schlief, merkte er das sofort und - schwupp - wie der Blitz sprang er auf und jetzt - hast du nicht gesehen - zapp! ihr an den Kopf, riss die Frauenhaube herunter, griff ihr in die Haare und fing an, ihr schrecklich die Haare zu raufen, sie zu schlagen und sie mit furchtbaren Worten zu beschimpfen: "Du Teufelsfratze, du Verbrecherin, du Bestie, du Mörderin, hast du mir nur deshalb so schön getan und gesagt, dass du mich liebst, um mich desto eher umbringen zu können? Jetzt werde ich's dir aber zeigen und heimzahlen, damit dir in Zukunft solche teuflische Abscheulichkeit nicht mehr in den Sinn kommt!"
Sie bat und beteuerte, soviel sie nur immer konnte, aber das half alles nichts. Er schlug sie, solange er nur Kräfte hatte, bis er vom Prügeln müde geworden war.
Der Teufel lauerte unweit, hinter einen Stein geduckt, und als er die schmerzlichen Hiebe sah, da klatschte er in die Hände und brach in schallendes Gelächter aus. Doch danach schüttelte ihn ein Schauer vor dieser Bosheit, und er fühlte Abscheu vor der gemeinen Schlauheit des alten Weibes, und er dachte bei sich: Sieh mal an, das Weib ist böser als ich! Warum schmähen die Leute bei allem Bösen und allen Nöten immer nur den Teufel, während doch, wie man sieht, solche alten Weiber viel schrecklichere Untaten begehen als ich!
Die versprochenen Bastschuhe und Salzburger Schuhe gab er ihr zwar, doch er brachte eine furchtbar lange Stange mit und hängte die Schuhe an das äußerste Ende, hielt es der Alten hin und sagte: "Ich kann nicht nahe zu dir herankommen, denn mir scheint, du könntest auch mich verblenden und betrügen, denn ich sehe jetzt, du bist böser und gerissener als ich."
Und als sie die Schuhe genommen hatte, da schleuderte er die Stange fort und stürmte, wie aus der Kanone geschossen, eiligst von dannen. Doch das alte Weib ging ihres Weges und freute sich, dass sie schlauer gewesen war als der Teufel und dass ihn die Angst vor ihr gepackt hatte und er vor ihr davongelaufen war.
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