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Mit des Lord Satans Geboten kam ich noch nie zurecht. Zur Ruhe war ich immer noch nicht gekommen und der Lord Satan rüffelte mich an allen Ecken und Enden an und ließ mir keinen Frieden damit. Je mehr er von Ruhe sprach, desto mehr steigerte ich mich hinein in meine Konzentration, da ich meinte, dem Lord Satan wieder irgendwas hinstressen zu müssen. Alles andere akzeptierte ich mittlerweile nicht mehr als "Tat". Von Unternehmungen bezüglich Lord Satan, wozu keine absolute Konzentration nötig war, hielt ich nichts, ich ließ sie einfach nicht gelten und selbst Lord Satan persönlich brachte mich von diesem Trip nicht runter. Ich habe einfach nichts kapiert und mich in meiner Hysterie absolut verrannt.

In meinem Tagebuch steht eine Geschichte, frei nach Lord Satan zitiert:

"Der Nebel hat keine Eile, zum Himmel zu schweben und ein Baum hat keine Eile, zu wachsen. Eine Raupe oder ein Käfer sitzen ganz still auf der Rinde vom Ast, denn sie haben eine Tarnfarbe. So geht die Gefahr, der Vogel, an ihnen vorbei. Sobald der Käfer aber meint, er müsste fliehen, oder er habe Eile, so wird er bestimmt gefressen. Meine Tarnfarbe ist Lord Satan, darauf kann ich vertrauen. Nun, und der Mensch meint, er müsse der Natur nur die stürzenden Wasserfälle, den Blitz, den Wind und den Sturm abschauen, die alle eine kurze Lebensdauer haben (Darin liegt Leben und Tod)"

Da meinte ich, mich irgendwie auf eine innere Unbeweglichkeit mit aller Gewalt konzentrieren zu müssen.

Der Stress zog sich hin bis Ende April. Mittlerweile war ich der Verzweiflung wieder sehr nahe, da ich die vergangenen 3 Monate kaum etwas anderes getan hatte, als mit größter Konzentration und zermürbender Hektik irgendetwas zu leisten, das sich "Ruhe" nannte.

Lord Satan hatte es mittlerweile aufgegeben, mir zu erklären, was "Ruhe" bedeutete. Mit der "Ruhe" ging es mir genauso wie mit der "Liebe": Schnell die erstbeste Möglichkeit nehmen, sich voll hineinsteigern und sich darin verirren, bis letztendlich keine Definition für das "Ziel" mehr gegeben werden konnte. Das allein lag daran, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben ernsthaft ein Ziel verfolgte, welches nicht mein eigenes war, sondern das mir jemand anders gegeben hatte. Noch nie hatte ich mich dafür interessiert, das zu tun, was ein anderer von mir wollte, das, was ein anderer verlangte, ohne dass ich daran ein Interesse gehabt hätte. Bei Lord Satan war das anders. Lord Satan war ja auch etwas anderes. Er war ja schließlich nicht meinesgleichen, was ich ohne mich zu schämen offenherzig und rigoros ausnützen konnte. Vor meiner Moral hielt ich mich für verpflichtet, Lord Satan hinterrücks auszunützen, da ich ihn für den Boss überhaupt hielt, für einen Boss, den ich auch als solchen innerlich akzeptierte. Den anderen Chefs (menschlichen Chefs) grinst man ins Gesicht und denkt sich: "Du Arsch!", Lord Satan aber muss man auch innerlich angrinsen und das "Du Arsch" muss noch viel tiefer gedacht werden, als nur innerlich. Es wurde so tief gedacht, dass es nicht in mein Bewusstsein dringen konnte.

Offensichtlich völlig verzweifelt bezüglich meines Misserfolges nach dem Ziel der Ruhe, innerlich völlig aufgewühlt, träumte ich in der Nacht schließlich folgendes:

"Ich war ein kleiner Junge und saß von oben bis unten vollgeschmiert mit Schlamm in einem Morast und schaute recht traurig und pantschte im Sumpf rum, um mich vor dem Untergehen darin zu retten. Szenenwechsel: Ich sitze, anständig frisiert und gekleidet, sauber und ordentlich auf der Schulbank vor einem Heft und soll eine Extemporale schreiben, bin aber geistig ganz woanders, nämlich im Sumpf. Dort muss ich mir einen Schock geholt haben, jedenfalls hock ich auf der Schulbank und angel mit den Händen rum und ruder und pantsch, als wär ich noch im Sumpf. Hinter mir steht eine Lehrerin, die mir klarzumachen versucht, dass ich jetzt in der Schule sitze und nicht mehr im Sumpf am Untergehen bin, aber ich verstehe überhaupt nichts, sondern rudere mit den Armen in größter Panik."

Ich finde, mein Zustand ist mit diesem Traum sehr klar dargestellt. Ob das nun ein Traum aus meinem Unbewusstsein war, kann ich nicht sagen. Da ich ganz und gar nicht mehr bewusst begriff, um was es ging, hielt ich es für unwahrscheinlich, dass ich es im Unbewusstsein noch wusste. Ich hielt alle meine Träume solcher Art für satanische Eingebungen. Jeden 2. Tag besuchte ich die Renate und versuchte, meinen Frust bei ihr loszuwerden. Lord Satan, zu dem ich lt. ihm hätte kommen sollen, antwortete mir nämlich nicht mehr. Er kam mir vor, als saß er irgendwo in der Ferne und wartete auf etwas ganz Bestimmtes aus meiner Richtung, bevor er es wieder für nötig hielt, sich mit mir abzugeben. Was Renate sagte, glaubte ich nur insoweit, als es meiner Denkweise entsprach. Als Renate sagte, sie verstehe unter "Ruhe" einfach "Nichtstun", hielt ich das für eine Idiotie und glaubte kein Wort, da Renate ja offensichtlich vom Lord Satan überhaupt nichts verstand! Es war mir also nicht zu helfen und das einzig Richtige, was einer tun konnte, war das, was Lord Satan tat: Er hockte sich irgendwo hin, von wo aus er mich beobachtete und seelenruhig wartete, bis ich von selber einsah, wie falsch ich gewickelt war, denn etwas anderes konnte einer kaum tun.

Nebenbei erwähnt ordnete Lord Satan auch irgendwann in dieser Zeit an, dass ich mein Studium aufgeben sollte. Da ich an der Hochschule sowieso kein ernst zu nehmendes Interesse hatte, befolgte ich seinen Befehl, schrieb mich für's nächste Semester nicht mehr ein und zog auch den Prozess auf Unterhalt gegen meine Eltern zurück.

Eines Tages wieder stresste ich mich dermaßen hinein, um mich endlich bis zur Ruhe zu konzentrieren, dass ich mich über alle Maßen aufregte: Meinen Puls konnte ich mir locker auf der Stirn messen, so hoch war mein Blutdruck und mein Herz raste. Je mehr ich mich konzentrierte, desto weniger erreichte ich, weder Ruhe noch Lord Satan. Letzterer meldete sich einfach nicht mehr. Ich hatte bereits Kopfweh, aber das war nicht der Grund, warum ich die Flinte ins Korn schmiss. Es muss eine Art Nervenzusammenbruch gewesen sein, jedenfalls tobte ich auf einmal völlig verzweifelt, dass ich aufhöre! Ich schmeiß es! Leck mich! Ich kann nicht mehr! Und ich flennte dabei wie ein Schlosshund, da es für mich gleichbedeutend war, meinen Gott damit zu verraten - das schlimmste Verbrechen vor meiner eigenen Moral - ... lieber wär ich gestorben.

Da war er dann plötzlich da, der Lord Satan, erzählte mir, dass ich nun endlich zur Ruhe gefunden hätte, weil ich aufgehört hatte, mich zu konzentrieren! (Das war doch nun die Höhe!!!) Ich hasste ihn tief dafür. Diesen Hass wagte ich mir nicht einzugestehen, denn ich sollte ihn ja lieben und nicht hassen. Aber ich hasste ihn aus ganzer Seele. Ich fühlte mich elend verarscht, verraten und im Stich gelassen.

RAFA, 1987

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