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Rafa's Homepage

Es kam Sylvester. Nur wenige Tage danach, Anfang Januar 1985, ich las wieder mal ein bisschen Bibel, weil ich daraus etwas von Lord Satan und seiner ganzen Dimension, die da bestand aus israelischer Mythologie, erfahren wollte. Schließlich legte ich mich ins Bett und wollte schlafen. Vor dem Einschlafen überlegte ich noch dies und das bezüglich der Bibel und meinem Glauben, da merkte ich, dass "irgendwo" Lord Satan bei mir war.

Ich glaubte mich von Lord Satan beobachtet. Das Gefühl war aber ganz anders als bei irgendwelchen "Engeln". Ich fühlte nicht, dass irgendetwas mit mir im Raum war oder sonst etwas Mystisches ablaufen würde, sondern bei meinem Gefühl handelte es sich eher um eines, das vielleicht auch ein Christ hat, wenn er betet. Eben einfach, Gott (Lord Satan) sieht mich, hört mir zu, kennt mich - "ist da".

Und ich hörte auch Lord Satan zu mir "reden", besser vielleicht telepathieren. Auf jeden Fall hörte ich keine Stimme durch meine Ohren, sondern... Ich glaube, dieses kann man einem Atheisten nicht erklären, aber ein Christ wird auch so wissen, was ich meine, da viele Christen auch etwas von Gott "hören".

Lord Satan sah mich also mehr oder weniger forschend und untersuchend an und sagte dann: "Deine Seele gefällt mir." Darunter konnte ich mir gar nichts vorstellen, aber machte ja nix: Ich hörte einfach zu und vergötterte jedes seiner Worte, verstand aber gar nichts und kam auch nicht auf die Idee, irgendetwas verstehen zu wollen.

Selbstbestimmt und ohne Gottheit oder Religion, wie ich bis dort hin war, entsprach ich natürlich voll Satans Ideal (ohne das zu wissen).
Meine Selbstbestimmung, Gott- und Religionslosigkeit hatte seinen Grund allerdings nur darin, dass bisher der, den ich als Gott akzeptieren wollte (Satan) noch nicht in meinem Leben aufgetaucht war - was sich ja ab sofort geändert hatte...

 

Ich konnte mich auch nicht drüber freuen, dass dem Lord Satan meine Seele gefällt, ganz einfach, weil ich mit dieser Aussage weder etwas anfangen konnte, noch wollte. Ich wollte nur Kontakt zu ihm aufrecht erhalten, in der Hoffnung, vielleicht nun irgendeine Art von überirdischen Kräften zu erhalten, wie ich sie in meinen Comix den Teufeln zuordnete.

Und wenn es nur "Hypnotisieren" gewesen wäre, oder eventuell "Telekinese"... Wenn bloß meine Flüche realistische Wirkung hinterlassen konnten, oder ich irgendeinen Einfluss auf Begebenheiten durch meine Wünsche oder Verwünschungen hätte haben können. Wieviele "unerklärbare" Fähigkeiten wurden alleine den Yogis in Indien zugetraut, angefangen von Wahrsagerei bis weiß der Teufel was... Es mussten doch auch MIR durch Lord Satan solche Kräfte erreichbar sein! In diesen Wünschen handelte ich Lord Satan gegenüber nach dem Motto "Gehorchen und angenehm sein, nur nicht widersprechen, alles Lord Satan machen lassen, um jeden Preis mich selbst rausmischen", weil ich dachte, in etwa so wird das Verhalten eines idealen Christen erklärt und so erklärte ich mir auch das Verhalten eines idealen Satanisten.

In Sinne "Führer befiel, ich folge" hörte ich mir so die Aussagen Lord Satans an, ohne dabei in irgendeiner Weise mein Gehirn oder den Quell meines Willens einzuschalten. Dass ich den Sinn seiner Worte nicht verstand, störte mich nicht im Geringsten, da er für mich als ein höheres Wesen galt, das ich niedriger Mensch sowieso nicht kapierte, so wahrscheinlich auch seine Aussagen. Auf die Idee, mit Lord Satans Reden etwas anderes, als sie andächtig lauschend anzuhören, zu tun, kam ich nicht. Ich meinte, es damit richtig zu machen.

Ein paar Tage lang "unterhielt" ich mich auf diese Art mit Lord Satan, d.h. ich schluckte geistlos alles, was er sagte. Dabei lag ich stets auf dem Sofa oder im Bett, immer alleine, schloss die Augen und konzentrierte mich auf ihn. Diese Sache nannte ich in den Gesprächen mit meiner Freundin Renate, der ich alles erzählte, "Sessions". Unter "Session" verstehe ich im folgenden das Zwiegespräch mit Lord Satan. Die Sessions häuften sich bis zu mehreren am Tag und eine Session zog sich so eineinhalb Stunden hin. Ich glaubte mich von Lord Satan zu den Sessions gerufen und folgte sofort ohne Rücksicht darauf, welche Tätigkeit ich dabei gerade unterbrechen musste, ausgenommen die Arbeit. Noch in einer der ersten Sessions sagte Lord Satan, dass ich ihn lieben sollte. Daraufhin meinte ich, wie denn das zugehen soll, wo ich ihn ja überhaupt noch nicht kenne. Er meinte, ich werde ihn noch kennenlernen, er sei weder "süß" noch "goldig" (was bisher in meinen Augen die Idealeigenschaft war, jemanden liebenswert zu finden), sondern er sei eine herbe Natur. Damit gab ich mich zufrieden und glaubte nun, einen seiner Befehle nicht auszuführen, wenn ich nicht mit aller Gewalt versuchte ihn zu lieben. Daraus wurde natürlich wenig und in meiner hineingesteigerten Untertänigkeit belastete es mich enorm: Lord Satan hatte etwas verlangt und ich führte es nicht aus. In die Versuche ihn zu lieben, verkrampfte ich mich dermaßen, dass ich bald für das Wort "Liebe" keine Definition mehr geben konnte und eigentlich gar nicht mehr wusste, was es bedeutete. Ich wusste lediglich, dass mich eine Panik überfiel, wenn ich nicht Lord Satans "Befehl" ausführen würde.

Den ganzen Januar lang, versuchte ich ein Mittel zu finden, auf irgendeine Art oder Abart Lord Satan zu lieben, wobei mir immer unklarer wurde, was dies eigentlich bedeutete. Ich intensivierte die Sessions so gut ich konnte durch Konzentration, was natürlich hinten und vorne nichts wurde, bis ich dann gar nicht mehr wusste, was ich tun soll. Dies zerrte ungemein an meinen Nerven. Aber noch war ich "ausgeruht" und nervlich "kräftig" und damit hinderte mich nichts daran, alle Kräfte zur Konzentration in Bewegung zu setzen. Der "unausgeführte Befehl" Lord Satans belastete mich tief.

In den Sessions hatte mir Lord Satan seine Vorhaben klargestellt, welche in 1. Linie waren, dass er mit mir eine Art tiefere Freundschaft plante, wozu er aber noch einige Zeit zu brauchen gedachte. Ich wollte natürlich wissen, wann das denn soweit sein würde, da ich mir wieder allen möglichen Krimskrams darunter vorstellte. Lord Satan meinte, es wäre wohl dazu die Zeit in einem viertel oder halben Jahr gekommen. Meine Logik arbeitete: In einem ¼ bis ½ Jahr also wollte Lord Satan, mein "Gott", mit mir eine "Freundschaft" eingehen. Dazu wär dann wohl ein gemeinsamer Wirkungskreis nötig, d.h. entweder Lord Satan verkörpert sich in Menschengestalt und kommt zu mir, oder ich "verwandel" mich in seinesgleichen und komm zu ihm. Dass nun der Lord Satan in Menschengestalt auf der Erde erscheinen würde, glaubte ich als sehr unwahrscheinlich zu folgern. Demnach blieb nur noch die Möglichkeit, dass ich zu ihm komme. Wie anders sollte sonst eine Freundschaft bestehen? Ist das vielleicht eine Freundschaft, wenn die Freunde durch solche riesigen Unterschiede in allen Dimensionen getrennt sind? Sicher nicht, bildete ich mir ein und glaubte nun relativ fest in meiner Geistlosigkeit, dass ich also in einem ¼ bis ½ Jahr meine Daseinsform insoweit verändern würde, dass ich in die Welt oder Dimension des Lord Satan hineinpasse, um eine Freundschaft mit ihm einzugehen, so wie er es plante. Diese Daseinsveränderung stellte ich mir ganz simpel insofern vor, dass ich eben meinen Körper auf natürliche Art und Weise verlassen würde, um zu Lord Satan ins Jenseits zu kommen, was weiters nichts anderes heißt, als dass ich halt sterbe... Wie, war mir egal, Hauptsache, ich sterb.

So bildete ich mir also fest ein, alles, was ich tun musste, um Lord Satans "Befehl" auszuführen, war zu sterben. Davor hatte ich eigentlich überhaupt keine Angst, es war mir einfach eine Selbstverständlichkeit... Beruhigt war ich sogar dadurch, weil ich meinte, wenn ich schon am "Befehl" der Liebe scheiterte und versagte, aber sterben würde wohl jeder zustande bringen, weiters ist es nicht schwer und insofern wartete ich eben nun darauf, dass diese 3 bis 6 Monate vorbei sind, um danach irgendwie meinen Geist aufzugeben und ohne Schwierigkeiten Lord Satan endlich mal gehorchen zu können. Weil ich mir zutraute, sterben zu können (da ich mir nicht zutraute, lieben zu können...), war ich ziemlich beruhigt und widmete mich zeitweise auch wieder weltlichen Dingen, für die ich nun wieder die nötige Muse besaß...

Mitte Januar vereinbarte ich mit der Renate einen Termin zum Schlittschuhlaufen. Renate kam zu mir, weil ich nur einige Straßen vom Eislauf-Stadion entfernt wohnte. Nach dem Eislaufen gingen wir noch zu mir und tranken Kaffee und tratschten. Renate hatte ihre Tochter (6 Jahre), dabei. Sie war ein braves Kind und beschäftigte sich still, während sich Renate und ich über Lord Satan unterhielten. "Irgendwas ist doch los mit dir?" fragte mich Renate, die natürlich meinen aufgewühlten Gemütszustand erkannte. "Ja," sagte ich "aber ich will nicht sagen, was. Lord Satan hat mit mir etwas vor, was ich mir selbst nicht glauben trau und ich möcht es auch niemandem erzählen, weil mich derjenige sonst für restlos übergeschnappt halten muss." Damit meinte ich Lord Satans Plan, mit mir eine Freundschaft einzugehen. Ich glaubte irgendwo nämlich stark, dass es sicher nicht wahr sein konnte, weil ich mir nicht erklären konnte, wie der Lord Satan sich mit einem Menschen befreunden wollen sollte?

Logisch durchdacht....: Der Lord Satan ist erstens mal ein Gott, hat also eine völlig höhere Daseinsform als ein lumpiger Mensch und eigentlich müsste ein Mensch doch unter seiner Würde sein und ein Mensch konnte wohl froh sein, wenn sich der Lord Satan überhaupt herabließ, mit ihm zu reden. Dass aber so ein immens hohes Gottwesen mit einem Menschen eine Freundschaft einzugehen plante, konnte nur bedeuten, dass dieser Mensch (in dem Fall ich) an einem hoffnungslosen Größenwahn litt... Nächstens ist der Lord Satan, weiß Gott, wie alt, sicher älter als die ganze Menschheit. Wenn er tatsächlich Freundschaften mit Menschen einzugehen plante, dann hatte er dazu bereits Jahrtausende lang Zeit. Wieviele Menschen hat er sich dazu angesehen, wieviele Milliarden von Menschen sind vor seiner Nase auf der Erde rumgelatscht und standen ihm für Freundschaften zur Verfügung? Da hat er wohl die ganzen Jahrtausende lang geschlafen, der Lord Satan, dass er erst heute, im 20. Jahrhundert, auf die Idee kommt, sich die entsprechenden Menschen dazu auszusuchen? Nun gut, sagen wir mal, er hat geschlafen.... Nun ist er endlich aufgewacht und beglotzt nun so alle möglichen Arten von den Menschen, die heutzutage auf der Erde rumtrampeln, da streift er nun durch alle Herren Länder und beobachtet so die Seelen, wie sie ihm gefallen und da ist er eben auch durch Deutschland gekommen und ausgerechnet dort bildet er sich ein, Menschen für Freundschaften zu finden. Und von allen Menschen, die seit Anbeginn der Welt bis heute, restlos von allen je lebenden Menschen, sucht er sich zum Aufbau einer Freundschaft ausgerechnet MICH aus? Da kann doch was nicht stimmen.

Insgeheim hoffte ich aber, dass es doch stimmte, weil ich dachte, Gott weiß, welche Fähigkeiten und Vorteile ich von einer Freundschaft mit Lord Satan herausschinden konnte. Wieder bestand der Zwiespalt zwischen meinen Wünschen und meinem Verstand. Auf jeden Fall wollte ich es niemandem erzählen, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass es einen Menschen gab, der dazu nicht sagen würde, dass ich restlos spinn.

Renate aber sah mich nur an und dann sagte sie: "Ich weiß, was los ist: Du wirst seine Freundin." Ich glotzte sie entgeistert an, aber Renate fuhr fort: "Die Manu* weiß das auch, sie hatte eine Vision und erzählte mir davon und dass es nicht mehr lange dauern wird, dann bist du mit Lord Satan verbunden und dann will Manu nichts mehr von dir wissen..."
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* Manu hielt sich für eine weiße Hexe

Ich dachte, es haut mir gleich den Vogel raus, das durfte nun aber nicht wahr sein! Tatsächlich hatte ich wirklich niemandem von Lord Satans Vorhaben etwas erzählt, weil ich bereits Verruf fürchtete, wenn ich überhaupt anmeldete, von Lord Satan "eine Stimme" zu hören. Selbst das erzählte ich nur der Renate und meiner Schwester, weil ich von allen anderen Leuten fürchtete, sie könnten mich diesbezüglich für verrückt erklären. Dass ich nun aber eine Freundschaft mit Lord Satan einzugehen hatte, konnte mir wohl absolut niemand abnehmen. Daraufhin mussten mich wohl alle für verrückt erklären und aus dieser Angst heraus verschwieg ich alles peinlich und versuchte auch, mir weder durch Bemerkungen, noch durch sonst etwas, anmerken zu lassen, was ich glaubte. Und nun sagte mir Renate die verschwiegenen Tatsachen ins Gesicht und das mit einer Sicherheit, als wäre sie selbst bei der Session dabeigewesen und hätte dem Lord Satan und mir zugehört! Und damit nicht genug: Auch die theatralische Manuela wusste es! Wo ich doch mit Manu total wenig zu tun hatte! Von der Renate konnte ich mir das noch erklären, da sie mich gut kannte und vielleicht anhand meines Gemütszustandes und meiner Art, wie ich über Lord Satan redete, folgern konnte, was am Laufen war... Aber mit Manu hatte ich nie darüber gesprochen und so gut kannte sie mich nicht, um aus meinem Verhalten irgendwelche Tatsachen erraten zu können. Es konnte nur bedeuten, dass ich tatsächlich mit Lord Satan eine Freundschaft einzugehen hatte und dass eben dies nicht lediglich eine größenwahnsinnige Einbildung meinerseits war.

Mein Herz fühlte sich wie Wackelpudding an und meine Knie zitterten, es berührte mich enorm. Selbstverständlich wollte ich mich mit Renate über die ganze Sache noch ausführlicher unterhalten, darum beschloss ich sie heimzubegleiten. Da hörte ich Lord Satan sagen, dass ich das nicht tun soll, sondern schön zuhause bleiben soll. Aber ich hatte eine Wespe im Arsch, ich hatte keine Ruhe, ich musste mit zu Renate, ich wollte in meiner aufgewühlten Nervosität auf keinen Fall alleine zu hause bleiben, wo ich mit niemandem darüber reden konnte*. So ignorierte ich Lord Satans Worte geflissentlich und zog mich an. Renate, der ich Lord Satans Weisung mitteilte, riet mir noch, doch dann zuhause zu bleiben; aber nein, ich wollte mit.
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* zu der Zeit hatte ich noch kein Telefon

RAFA, 1987

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Eiseskälte 


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