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Das Buch des Pates Popol Vuh (Quiche)

Das ist die Kunde

Da war das ruhende All.
Kein Hauch.
Kein Laut.
Reglos und schweigend die Welt.
Und des Himmels Raum war leer.

Dies ist die erste Kunde, das erste Wort.
Noch war kein Mensch da, kein Tier.
Vögel, Fische, Schalentiere, Bäume, Steine, Höhlen, Schluchten gab es nicht.
Kein Gras.
Kein Wald.
Nur der Himmel war da.

Noch war der Erde Antlitz nicht enthüllt.
Nur das sanfte Meer war da und des Himmels weiter Raum.

Noch war nichts verbunden.
Nichts gab Laut, nichts bewegte, nichts erschütterte, nichts brach des Himmels Schweigen.
Noch gab es nichts Aufrechtes.
Nur die ruhenden Wasser, das sanfte Meer, einsam und still.
Nichts anderes.

Unbeweglich und stumm war die Nacht, die Finsternis.

Aber im Wasser, umflossen von Licht, waren diese: Tzakol, der Schöpfer; Bitol, der Former; der Sieger Tepeu und die Grünfederschlange Gucumatz; Alom auch und Caholom, die Erzeuger. Unter grünen und blauen Federn waren sie verborgen, darum sagt man Grünfederschlange. Große Weisheit und große Kunde ist ihr Wesen. Darum gab es den Himmel und des Himmels Herz, dessen Name ist Cabavil. Der-im-Dunklen-sieht.
So wird berichtet.

In Dunkelheit und Nacht kamen Tepeu und Gucumatz zusammen und sprachen miteinander. Also sprechend berieten sie und überlegten: sie kamen überein und ihre Worte und Gedanken glichen sie aus. Und sie erkannten, während sie überlegten, daß mit dem Licht der Mensch erscheinen müsse. So beschlossen sie die Schöpfung und den Wuchs der Bäume und Schlingpflanzen, den Beginn des Lebens und die Erschaffung des Menschen.

So wurde entschieden in Nacht und Finsternis vom Herzen des Himmels, Huracan genannt.
Seine erste Erscheinung ist der Blitz, Cakulha.
Seine zweite der Donner, Chipi-Cakulha.
Seine dritte der Widerschein Raxa-Cakulha.
Diese drei bilden das Herz des Himmels.

Es trafen sich also Tepeu und Gucumatz und sprachen von Leben und Licht; von Helle und Dämmerung; und wer Nahrung schaffen würde und Unterhalt.
"Es geschehe! Es fülle sich die Leere! Weichet zurück, ihr Wasser, und gebet Raum, daß die Erde aufsteige und sich festige!"

So sprachen sie.
"Es werde Licht! Daß Himmel und Erde sich erhellen! Nicht Ruhm noch Größe wird sein, bis der Mensch erscheint, bis der Mensch geschaffen."
So sprachen sie.

Darauf schufen sie die Erde. Die Wahrheit ist, daß sie die Erde schufen. "Erde!" sagten sie, und im Augenblick war sie geschaffen.

In Nebel, Wolken und Staub geschah die Schöpfung, als die Berge sich aus den Wassern erhoben, und sogleich wuchsen die Berge.
Nur durch ein Wunder, durch Zauber wurden die Berge und Täler geschaffen. Und zugleich sproßten Zypressen und Tannen und bedeckten der Erde Antlitz.

Freude erfüllte Gucumatz und er sprach: "Heil brachte dein Erscheinen, Herz des Himmels. Du, Huracan! Du, Chipi-Cakulha! Du, Raxa-Cakulha!"
"Unser Werk, unsere Schöpfung wird beendet werden", sagten sie.
Zuerst bildete sich die Erde mit Gebirgen und Tälern. Es teilten sich die Wasser. Die Bäche liefen frei zwischen den Hügeln, und die Wasser teilten sich, als die hohen Gebirge erschienen.

So geschah die Schöpfung der Erde, als sie geformt wurde vom Herzen des Himmels, vom Herzen der Erde, wie jene genannt werden, die sie zuerst befruchteten, als der Himmel noch ruhte und die Erde unter den Wassern verborgen war.
So wurde das Werk vollendet, das sie vollbrachten nach reiflicher Überlegung.
Darauf schufen sie die Tiere des Waldes, die Wächter der Wälder und Berge: Rehe, Löwen, Jaguare, Vögel; und als Wächter der Lianen schufen sie Schlangen, Nattern und Vipern.

Es sagten sich nämlich die Erzeuger: "Nichts bewegt sich unter Bäumen und Lianen? Nichts als Schweigen? Ihre Wärter sollen sie haben."
Das sagten sie sich, während sie überlegten und miteinander berieten. Und sogleich schufen sie das Wild und die Vögel. Und sie gaben einen jeglichen seine Stätte, dem Wild und den Vögeln.

"Du, Reh, wirst in den Niederungen der Flüsse und in den Schluchten schlafen. Im Gebüsch wirst du stehen und im Gras. lm Wald wirst du dich fortpflanzen. Auf vier Beinen wirst du dich aufrecht halten."
Und wie es gesagt wurde, so geschah es.

Darauf wiesen sie den kleinen und großen Vögeln ihre Stätte an.
"Auf den Bäumen und in den Lianen werdet ihr Vögel wohnen, dort werdet ihr eure Nester bauen, dort werdet ihr euch vermehren, zwischen Zweigen und Lianen werdet ihr aufwachsen."

So sprachen sie zu Wild und Vogelwelt.
Und diese gehorchten und suchten ihre Stätten und ihre Nester.
So gaben die Erzeuger den Tieren der Erde ihre Wohnstatt.

Und nachdem die Schöpfung der Vierfüßler und der Vögel beendet war, sprachen Tzakol und Bitol, sprachen die Erzeuger also: "Redet, schreit, trillert, ruft! Redet alle, ein jeglicher nach seiner Art."
So sprachen sie zum Reh, zu den Vögeln, zu Puma, Jaguar und Schlange.
"Redet doch zu uns, in unsern Namen, zu eurem Vater, zu eurer Mutter. Lobet uns! Rufet an Huracan, Chipi-Cakulha, Raxa-Cakulha, das Herz des Himmels, das Herz der Erde, den Schöpfer, den Former, die Erzeuger. Sprecher! Rufet uns an! Verehrt uns!"
So sagten sie ihnen.

Aber jene konnten nicht wie Menschen sprechen. Sie zischten, schrien und gackerten. Sie konnten kein Wort formen und ein jegliches schrie nach seiner Art.

Als der Schöpfer und der Former sahen, daß jene nicht sprechen konnten, sagten sie zueinander: "Sie können uns nicht bei unserem Namen nennen, uns, ihre Former und Bildner."
Und die Erzeuger sagten zueinander: "Das ist nicht gut."

Zu den Tieren sagten sie: "Wir werden euch ersetzen, da ihr nicht sprechen könnt. Wir haben unseren Sinn geändert. Eure Nahrung, euer Gras, eure Lager und Nester sollt ihr haben, in den Schluchten und Wäldern werdet ihr sie haben. Ihr waret nicht fähig, uns anzubeten und anzurufen. Darum werden wir andere schaffen, die uns willig sind. Das ist fortan euer Schicksal: euer Fleisch wird vertilgt werden. So sei es. Das sei euer Schicksal."

So verkündeten sie ihren Willen den Tieren auf der Erde Antlitz, den kleinen und den großen.

Um ihrem Los zu entrinnen, machten diese einen neuen Versuch und trachteten die Schöpfer anzubeten. Aber sie verstanden sich nicht einmal untereinander und vergeblich waren alle ihre Versuche. Darum wurde ihr Fleisch geopfert, und die Tiere auf dem Antlitz der Erde waren fortan verdammt, getötet und gefressen zu werden.

So galt es denn einen neuen Versuch, den Menschen zu schaffen und zu bilden. Der Schöpfer, der Former und die Erzeuger sagten: "Auf ein neues! Schon naht die Morgenröte. Schaffen wir jene, die uns erhalten und ernähren. Was ist zu tun, daß man uns anrufe und erinnere auf der Erde? Schon schufen wir unsere ersten Werke, unsere ersten Wesen. Aber sie konnten uns nicht preisen und verehren. Laßt uns denn ein Wesen schaffen, das gehorsam sei und ergeben und uns nährt und erhält."
Also sprachen sie.

Darauf geschah die Schöpfung und Formung. Aus der Erde, aus Lehm machten sie des Menschen Fleisch. Aber sie sahen, daß es nicht gut war. Denn es schwand dahin, es war zu weich, es war ohne Bewegung und ohne Kraft, es fiel um, es war weich, es bewegte nicht den Kopf, das Haupt hing zu einer Seite, der Blick war verschleiert, es konnte nicht rückwärts blicken. Wohl sprach es, aber es hatte keine Vernunft. Bald weichten es die Wasser auf, und es sank dahin.

Und es sagten der Schöpfer und der Former: "Es zeigt sich, daß das nicht gehen und sich nicht vermehren kann. Hierüber müssen wir uns beraten." So sagten sie.

Dann zerstörten und zerschlugen sie das Werk ihrer Schöpfung.
Und sie sagten darauf: "Wie können wir unsere Anbeter, unsere Anrufer vollkommener erschaffen?"
So beschlossen sie nach neuer Beratung unter sich: "Lasset uns sagen zu Ixpiyacoc, Ixmucane, zu Hunahpu-Vuch und Hunahpu-Utiu: Versucht es noch einmal! Versucht die Schöpfung!"

So sprachen der Schöpfer und der Former zu Ixpiyacoc und Ixmucane.
So sprachen Tzakol und Bitol zu jenen Zauberern Tagahne und Dämmerungsahnin, deren Namen waren Ixpiyacoc und Ixmucane.
Und Huracan und Tepeu und Gucumatz sagten zu den Zauberern, die die Sonne aufgehen lassen und einschließen: "Es gilt eine neue Zusammenkunft. Es gilt die Mittel zu finden, daß der Mensch, den wir formen, der Mensch, den wir schaffen werden, uns erhalte und nähre, daß er uns anrufe und unserer gedenke."
"Kommet denn zur Beratung, Ehrwürdige, Ehrwürdiger, Großmutter, Großvater, ihr Ixpiyacoc, Ixmucane, streut Samen, schaffet Licht, auf daß man uns anrufe, auf daß man uns anbete, daß der erschaffene, der geformte, daß der sterbliche Mensch unserer gedenke. Macht, daß es also sei!"
"Offenbart eure Namen: Opossum-Geist, Coyote-Geist, Doppelmutter, Doppelvater, Großer Eber, Großer Dachs, Herr der Jade, Silberschmied, Bildhauer, Schnitzer, Herr der blauen Schale, Herr der Jadeschüssel, Meister des Weihrauchs, Meister Toltecat, Sonnenahne, Dämmerungsahnin - so werden eure Werke und Wesen euch rufen."
"Werfet das Los mit Maiskörnern und Tsite-Bohnen! Tut das, um zu sehen, ob wir Mund und Augen aus Holz schnitzen sollen."
So sagten sie den Zauberern.

Es geschah die Wahrsagung, und das Los wurde mit Mais und Tsite geworfen.

"Schicksal! Geschöpf!" riefen dabei der Alte und die Alte.
Der Alte, der das Los mit Tsite-Bohnen warf, war der, welcher Ixpiyacoc heißt.
Die Alte zu seinen Füßen, die Zauberin, die Bildnerin, deren Name ist Ixmucane.

Die Wahrsagung beginnend sagten sie: "Legt euch zueinander! Sprecht, damit wir hören! Entscheidet, ob Holz gesammelt werden soll, damit der Schöpfer und der Former es bearbeiten. Ob das herauskommt, was uns unterhalten und nähren soll, wenn es Licht wird, wenn es dämmert."
Du, Mais! Du, Tsite! Du, Los! Du, Schöpfung! Du, Feuerschoß! Du, Rageglied!"
So sagten sie zu Mais, Tsite, Los, Schöpfung. "Sieh schamvoll weg, Herz des Himmels, um Tepeu und Gucumatz nicht zu kränken."
Da sprachen die Lose und wahrsagten: "Eure Gebilde aus Holz werden glücken. Sie werden reden und sich verstehen auf dein Antlitz der Erde."

"So soll es sein", war die Antwort auf diese Rede.

Und sogleich wurden die Wesen aus Holz geschaffen. Sie glichen dem Menschen, sie sprachen wie Menschen und sie bevölkerten die Erde.
Sie lebten und bevölkerten die Erde, Söhne und Töchter hatten die Wesen aus Holz.
Aber sie hatten keine Seele, keinen Verstand, sie erinnerten sich nicht des Schöpfers und Formers.
Ziellos gingen sie herum und auf allen Vieren liefen sie.

Weil sie das Herz des Himmels nicht erinnerten, wurden sie verworfen. Sie sprachen zwar anfänglich, aber ihr Gesicht war bewegungslos. Ihre Füße und Hände waren ohne Kraft. Weder Flüssiges noch Festes war in ihnen, weder Blut noch Fleisch. Trocken waren ihre Wangen, trocken Fuß und Hand, gelb das Fleisch.
Es war nur ein Entwurf, ein Versuch zum Menschen.
Darum vergaßen sie den Schöpfer und den Former, die sie geschaffen hatten und umsorgten.

Das waren die ersten Menschen, zahlreich lebten sie auf der Erde Antlitz.
Darauf wurden sie zerstört und vernichtet, diese Gebilde aus Holz, und empfingen den Tod.
Eine Flut erweckte das Herz des Himmels, und große Wasser fielen auf das Haupt der Wesen aus Holz.

Aus Tsite war des Mannes Fleisch gemacht, aber das Fleisch der Frau machten der Schöpfer und der Former aus Schilf.
Aus diesem Stoff hatten sie sein sollen nach dem Willen des Schöpfers und des Formers.
Aber da sie nicht dachten, da sie nicht mit dem Schöpfer und dem Former sprachen, die sie geschaffen und geformt hatten, darum wurden sie getötet, wurden sie ertränkt.

Flüssiges Harz troff vom Himmel.

Es kam Herrscher Eule, Xecotcovach, und riß die Augen aus.
Die große Fledermaus, Camalotz, kam und riß den Kopf ab.
Der reißende Jaguar, Cotzbalam, kam und verschlang das Fleisch.
Der Tapir Tucumbalam kam auch, brach und zermalmte Knochen und Sehnen, er zerstampfte und zerrieb das Gebein.
Und das geschah zur Strafe, da sie weder ihres Vaters noch ihrer Mutter gedacht hatten, nicht des Herzens des Himmels, dessen Name Huracan ist.
Darum verdunkelte sich das Antlitz der Erde, und es begann ein schwarzer Regen, Tagregeti, Nachtregen.

Es kamen auch die kleinen und großen Tiere, die Stöcke und Steine, und sie schlugen ihnen ins Gesicht. Und alles fing an zu sprechen. Und die Wasserkrüge, die Platten, Schalen und Schüsseln, die Hunde, die steinernen Maisreiben, alle erhoben sich und schlugen ihnen ins Gesicht.

"Übles habt ihr uns getan. Ihr habt uns gegessen, jetzt beißen wir euch", sagten die Hunde.
Und das Federvieh sprach gleiches.
Und die steinernen Maisreiben: "Gefoltert habt ihr uns. Jeden Tag, jeden Tag, des Nachts und in der Dämmerung machte es holi-holi huki-huki auf unserem Gesicht, euretwegen. Das war der Tribut, den wir euch zahlten. Aber jetzt, wo ihr keine Menschen mehr seid, lernet unsere Kraft kennen! Zermahlen werden wir, zu Staub zerreiben werden wir euer Fleisch."
So sprachen die Reibesteine.
Und hier, was ihre Hunde sprachen und ihnen sagten: "Warum habt ihr uns kein Fressen gegeben? Kaum blickten wir euch an, so jagtet ihr uns schon von eurer Seite und jagtet uns heraus mit dem Stock an eurer Seite. Vielleicht würden wir euch jetzt nicht töten. Aber warum habt ihr nicht nachgedacht und seid ihr nicht in euch gegangen? Darum werden wir euch jetzt zerstören, darum werdet ihr jetzt die Zähne in unserem Maul kennenlernen."
So sprachen die Hunde. Und darauf zerrissen sie ihnen das Gesicht.

Und ihrerseits sprachen die Pfannen und Schüsseln also: "Schmerz und Leiden habt ihr uns verursacht. Rußig waren uns Mund und Angesicht. Stets stunden wir auf dem Feuer und ihr verbranntet uns, als ob wir keinen Schmerz fühlten. Jetzt werdet ihr es fühlen. Verbrennen werden wir euch."

So sprachen die Schüsseln und zerstörten ihnen das Antlitz. Und die Steine des Herdes flogen vom Feuer, schmerzhaft schlugen sie gegen die Köpfe.

Verzweifelt rannten jene hierhin, dorthin. Sie trachteten auf die Häuser zu steigen, und die Häuser stürzten ein. Zu Boden fielen sie. Sie trachteten auf die Bäume zu steigen, und die Bäume schleuderten sie weit davon. Sie trachteten in die Höhlen zu gelangen, und die Höhlen schlossen sich vor ihnen.

Das war der Untergang der Menschen, die geschaffen und geformt wurden; der Menschen, die für Zerstörung und Vernichtung gemacht worden waren. Allen jenen wurden Mund und Antlitz zerstört.
Und man sagt, die Nachkommen jener seien die Affen, die heute in den Wäldern leben. An ihnen kann man jene erkennen, denen Schöpfer und Former aus Holz das Fleisch machten. Darum gleicht der Affe dem Menschen, als Erinnerung an eine Menschenschöpfung, an Menschen, die nichts waren als Puppen aus Holz.

Vollendung der Schöpfung

Dies ist der Anfang der Menschwerdung, der Entschluß zur Fleischwerdung.

Es sprachen Urahnin und Urahne, der Schöpfer und Former, jene auch, die sich Tepeu und Gucumatz nannten: "Schon will es Morgen werden. Lasset uns das Werk der Schöpfung schön vollenden. Erscheinen sollen, die uns erhalten und ernähren, die leuchtenden Söhne des Lichts. Es erscheine der Mensch! Belebt sei der Erde Antlitz!"
So sprachen sie.

In Nacht und Dunkelheit kamen sie zusammen und erwogen alles in ihrer Weisheit.
Sie überlegten, suchten, bedachten und besprachen es.
Und dann gelangten sie zur Einsicht.
Sie fanden darin den Lebensstoff.
Die Erleuchtung kam ihnen, woraus des Menschen Fleisch zu schaffen.
Und wenig fehlte, daß Sonne, Mond und Sterne über den Schöpfern und Formen erschienen.

Aus Pan Paxil und Pan Cayala kamen die gelben und weißen Maiskolben
Die Tiere aber, die ihnen den Lebensstoff brachten, waren: die Wildkatze, der Coyote, der Papagei und der Rabe.
Ihrer vier waren die Tiere, die den gelben, den weißen Mais brachten.
Von Pan Paxil kamen sie und zeigten den Weg nach Paxil.

So fanden jene den Lebensstoff.
Aus dem schufen sie, formten sie des Menschen Fleisch.
Wasser war das Blut, in Menschenblut verwandelte es sich.

So ging der Mais durch der Erzeuger Werk in die Schöpfung ein.

Und da erfüllte sie Freude, denn sie hatten ein wunderschönes Land voller Annehmlichkeiten gefunden, mit einem Überfluß an gelbem und weißem Mais, mit einem Überfluß auch von Paxtite und Kakao, voller unzähliger Früchte und voller Honig. Überfluß an köstlicher Nahrung herrschte in jenem Ort, genannt Paxil und Cayali.
Nahrungsmittel aller Art gab es, große und kleine, große Pflanzen und kleine.
Die Tiere zeigten den Weg.
Und indem sie die gelben und die weißen Maiskolben zerrieb, machte Ixmucane neun Getränke. Und dieser Stoff verlieh Kraft und Fülle, und aus ihm schufen sie die Kraft und die Stärke des Menschen.
So taten sie, die genannt werden Alom, Caholom, Tepeu und Gucumatz.

Und sie überlegten weiterhin die Schöpfung und Formung unserer ersten Mutter und unseres ersten Vaters. Aus gelbem und weißem Mais machten sie sein Fleisch. Aus Maisbrei machten sie die Arme und Beine des Menschen. Einzig Maismasse trat in das Fleisch unserer Ahnen, der vier Menschen, die geschaffen wurden.

Dies sind die Namen der ersten Menschen, die geschaffen und geformt wurden:
Waldjaguar, der erste.
Der zweite Nachtjaguar.
Nachtherr war der dritte.
Und der vierte Mondjaguar.
Dies sind die Namen unserer Ahnen.

Man sagt, daß jene erschaffen und geformt wurden, nicht Mutter hatten sie, nicht Vater, doch nannte man sie Männer. Sie wurden nicht aus einem Weibe geboren, von Schöpfer und Former wurden sie nicht erzeugt, auch nicht von Alom und Caholemi. Nur durch ein Wunder, durch Zauber wurden sie geschaffen und geformt, von Tzakol, Bitol, Alom, Caholom, Tepeu und Gucumatz.
Und da sie wie Menschen aussehen, waren sie Menschen.
Sie sprachen, unterhielten sich, sahen und hörten, liefen und ergriffen Dinge.
Es waren gute und schöne Menschen und ihr Körper war der des Mannes.

Vernunft war ihnen gegeben.
Sie schauten und sogleich sahen sie in die Ferne; sie erreichten, alles zu sehen, alles zu kennen, was es in der Welt gibt.
Wenn sie schauten, sahen sie sogleich alles mit Umkreis und ringsherum sahen sie die Kuppel des Himmels und das Innere der Erde.
Alle fernverborgenen Dinge sahen sie, ohne sich zu bewegen.
Sofort sahen sie die ganze Welt, und sie sahen diese von dort, wo sie standen.

Groß war ihre Weisheit.
Ihr Auge reichte bis zu den Wäldern, den Felsen, den Lagunen, den Meeren, den Bergen und den Tälern.
Wunderbare Menschen waren sie in Wahrheit: der Waldjaguar und der Nachtjaguar, der Nachtherr und der Mondjaguar.

Darauf fragte sie der Schöpfer und Former: "Wie dünkt euch euer Dasein? Seht ihr nicht? Hört ihr nicht? Sind eure Sprache und euer Gang nicht gut? Schauet denn! Betrachtet die Welt! Sehet, ob die Berge und die Täler erscheinen! Versucht denn zu sehen!"
Also sprachen sie.
Und sogleich sahen jene alles, was es in der Welt gab. Und sie dankten darauf dem Schöpfer und Former.

"Wahrlich, wir danken euch, zweimal, dreimal. Erschaffen wurden wir, einen Mund hat man uns gegeben und ein Gesicht. Wir sprechen, denken, gehen. Vorzüglich erscheint uns alles, und wir kennen alles, sei es ferne oder nahe. Und was groß ist oder klein am Himmel oder auf Erden - wir sehen es. ja, wir danken euch, daß ihr uns schufet, dir Schöpfer, dir Former; daß ihr uns das Dasein gegeben habt, Großmutter, Großvater unser!" So sagten sie, dankend für die Schöpfung und Formung.

Bald kannten sie alles.
Und sie erforschten die vier Windrichtungen und die vier Himmelsrichtungen und das Antlitz der Erde.

Aber die Schöpfer und Former hörten das nicht gerne.
"Es ist nicht gut, was unsere Geschöpfe, unsere Werke sagen. Alles wissen sie, das Große und das Kleine."
Also sprachen sie.

Und sie hielten neuerlich Rat mit den Erzeugern. "Was sollen wir jetzt mit jenen tun?" "Daß sie nur das Nahe sehen, nur ein wenig vom Antlitz der Erde."
"Deren Rede ist nicht gut. Sind sie nicht, wie sie sind, bloße Geschöpfe und Machwerke? Sollen sie gleichfalls Götter sein? Und wenn sie nicht zeugen und sich nicht vermehren, wenn es dämmen, wenn die Sonne aufsteigt? Was, wenn sie sich nicht vermehren?"
So sprachen sie.

"Unterdrücken wir ein wenig ihre Wünsche, denn was wir sehen, ist nicht gut. Sollen sie am Ende uns gleich sein, die wir sie schufen, und die wir in weite Ferne sehen, alles wissen und alles sehen?"
So sprach des Himmels Herz Huracan, Chipi-Cakulha, Raxa-Cakulha, Tepeu, Gucumatz, Alom, Caholom, Ixpiyacoc, Ixmucane, Tzakol und Bitol.
So sprachen sie und sogleich veränderten sie die Art ihrer Werke und Geschöpfe.

Es warf das Herz des Himmels einen Schleier über ihre Augen. Und die trübten sich, wie wenn ein Hauch über den Spiegel geht. Ihre Augen trübten sich: sie konnten nur noch sehen, was nahe war, nur was klar war.

So wurden zerstört die Weisheit und alle Kenntnisse der vier Menschen des Ursprungs und Anfangs.
So wurden geschaffen und geformt unsere Ahnen, unsere Väter.
Vom Herzen des Himmels, vom Herzen der Erde.

Dann waren auch die Gattinnen da, wurden die Weiber geschaffen.
Gott selbst machte sie mit aller Sorgfalt.
Und so erschienen sie während des Schlafes, die wahrhaft schönen Frauen, an der Seite des Waldjaguars, des Nachtjaguars, an des Nachtherren Seite und neben dem Mondjaguar.
Da waren ihre Frauen, als sie erwachten.
Und ihr Herz füllte sich sogleich mit Freude wegen der Gattinnen.

Hier sind die Namen der Frauen:
Himmelswasser nannte sich die Frau des Waldjaguars.
Brunnenwasser nannte sich die Frau des Nachtjaguars.
Kolibriwasser war die Frau des Nachtherren.
Und Papageienwasser war der Name von Mondjaguars Frau.
Das sind die Namen ihrer Frauen, welche die ersten Herrinnen waren.

Sie erzeugten die Menschen, die kleinen und großen Stämme.
Und sie waren der Ursprung von uns, dein Stamme Quiche.
Zahlreich waren die Priester und die Opferpriester.
Es waren mehr als vier, aber vier waren die Erzeuger unseres Stammes Quiche.

Verschieden waren die Namen von jeglichem, als sie sich dort im Osten vermehrten, und zahlreich waren die Namen der Stämme: Tepeu, Oloman, Coha, Quenech, Ahau.
So nannten sich die Stämme, als sie sich dort im Osten vermehrten.

Auch die Herkunft des Stammes Tamub und des Stammes Ilocab ist bekannte dorther vom Osten kamen sie gemeinsam.

Balam-Quitze, der Waldjaguar, war der Großvater und Vater der neun großen Familien Cavec.
Der Nachtjaguar, Balam-Acab war der Großvater und Vater der neun großen Familien Nimhaib.
Mahucutah der Großvater und Vater der vier großen Familien Ahau-Quiche
Drei Familiengruppen gab es, aber sie vergaßen nicht den Namen ihres Großvaters und Vaters, nicht jene, die sich verbreiteten und vermehrten dort im Osten.
Auch die Tamub und Ilocab trafen ein und dreizehn Unterstämme, die dreizehn von Tecpan.
Und die Rabinales, die Cakchiqueles, die von Tzikinaha.
Und die von Zacahi und von Lamak, Cumatz, Tulhalha, Uchabaha, die von Chumilaha, die von Quibaha, die von Batenaba, Acul-Uinak, Balamiha, die Canchaheles und die Balam-Colab.

Das sind nur die Hauptstämme, die Verzweigungen des Volkes, die wir nennen; nur die wichtigsten erwähnen wir. Viele andere zweigten sich von jedem Stamme ab, aber deren Namen schreiben wir nicht auf; jene vermehrten sich gleichfalls dort im Osten.

Viele Menschen wurden gemacht, und in der Dunkelheit vermehrten sie sich.
Die Sonne war noch nicht geboren und nicht das Licht, als sie sich vermehrten.
Sie lebten alle zusammen, zahlreich waren sie und im Osten gingen sie umher.

Indessen unterhielten und ernährten sie nicht [ihre Götter]. Sie erhoben nur ihr Angesicht zum Himmel und sie wußten nicht, was sie dort in der Ferne tun sollten.
Da waren denn viele dunkle und helle Menschen, Menschen vieler Stände, Menschen mannigfacher Zunge, wunderbar war es, sie zu hören.
Es gibt Geschlechter in der Welt, es gibt Buschvölker, deren Antlitz man nicht sieht. Sie haben keine Häuser, einzeln gehen sie durch die Wälder, alt und jung, wie Narren.
So sagte man verächtlich von den Buschvölkern.

Dort sahen sie der Sonne Aufgang.
Sie hatten eine einzige Sprache.
Nicht Holz noch Stein beteten sie an, und das Wort von Tzakol und Bitol, des Himmels Herz und der Erde Herz erinnerten sie.
So sagt man.
Ungeduldig erwarteten sie die Morgenröte.
Ihre Gebete erhoben sie, die Diener des Wortes, die Liebenden, Gehorsamen, Ehrfürchtigen; ihr Antlitz erhoben sie zum Himmel, Töchter und Söhne erbittend.

"Ihr, Tzakol, Bitol! Seht uns, hört uns! Gib uns nicht auf, verlasse uns nicht, Gott, der du bist im Himmel und auf Erden, Herz des Himmels, Herz der Erde! Gib uns unsere Nachkommenschaft, unsere Nachfolge, solange die Sonne wandert und es Licht ist! Daß es hell werde, daß die Morgenröte erscheine! Gib uns gute, ebene Wege! Gib den Völkern Frieden, vielen Frieden und Glück! Gib uns ein gutes und nützliches Leben! Du, Huracan, Chipi-Cakulha, Raxa-Cakulha, Chipi-Nanauac, Raxa-Nanauac, Falke, Hunahpu, Tepeu, Gucumatz, Alom, Caholom, Ixpiyacoc, Ixmucane, Sonnenahne, Lichtahne! Daß es hell werde, daß die Morgenröte erscheine!"

So sprachen sie, während sie den Aufgang der Sonne, die Morgenröte erwarteten.
Und während sie die Sonne erwarteten, betrachteten sie den Morgenstern, den Großen Stern, ihn, der vorangeht der Sonne, die des Himmels Gewölbe erhellt und das Antlitz der Erde; die erleuchtet die Schritte des Menschen, geschaffen und geformt.

Die Geburt des Lichtes

Endlich denn dämmerte es.
Und Sonne, Mond und Sterne erschienen.
So wurde es Licht durch Sonne, Mond und Sterne.

Groß war die Freude von Balam-Quitze, Balam-Acab, Mahucutah und Iqui-Balam, als sie den Sonnenträger sahen: schimmernden Antlitzes stieg er vor der Sonne empor.

Da holten sie den Weihrauch hervor, den sie aus dem Osten für diese Stunde mitgebracht hatten.
Die drei Bündel knöpften sie auf, als Weihgabe ihres dankbaren Herzens:
Weihrauch von Mixtan brachte Balam-Quitze,
Weihrauch von Cavistan wurde der von Balam-Acab dargebrachte genannt,
Mahucutah aber bot Götterweihrauch dar.
Alle drei hatten ihren Weihrauch.
Den verbrannten sie und tanzten zum Osten gewendet.
Unter Freudentränen tanzten sie, Weihrauch brennend, den heiligen Weihrauch.
Darauf weinten sie nochmals, da es noch nicht hell wurde, da sie der Sonne Antlitz nicht sahen.

Dann erschien schließlich die Sonne.
Und alle Tiere freuten sich.
Alle, bis zum Geringsten, erhoben sich in den Tälern und Schluchten, auf den Höhen versammelten sie sich, und alle schauten gen Osten.
Da brüllten die Löwen und Jaguare, aber als erster erhob seine Stimme der kleine Papagei, den man Chocoyo nennt.
Wahrlich, alle Tiere freuten sich.
Es breiteten die Adler ihre Flügel aus und der Weißbrust-Bussard, und alle kleinen und großen Vögel.
Tiefe Freude erwärmte die Herzen von Balam-Quitze, Balam-Acab, Mahucutah, Iqui-Balam.

Und es knieten die frommen Verehrer nieder und mit ihnen freuten sich innig die Tamub und Ilocab, die Rabinales, die Cakchiqueles, die Stämme von Tzikinaha und die von Tuhalha, Uchabaha, Quibaha, die aus Batena und der Fürst der Yaqui: alle Stämme, die es heute gibt. Unzählbar waren die Scharen.
Das Morgenlicht fiel auf alle gleichermaßen.

Sogleich trocknete die Sonne der Erde Antlitz. Wie ein Menschenwesen erhob sich die Sonne mit feurigem Angesicht, und sogleich trocknete die Erdenfläche. Vor dem Sonnenaufgang war sie feucht gewesen, sumpfig war die Erde, bevor die Sonne erschien.

Wie ein Mann stieg die Sonne empor und unerträglich war ihre Hitze. So erschien sie in der Schöpfungsstunde.
Heute sehen wir nur ihr Spiegelbild, nicht die Ursonne.
So sagt die Überlieferung.

Und sogleich erstarrten Tohol, Avilix und Hacavitz zu göttlichen Steinbildern.
Auch Löwe, Jaguar, Schlange, Natter und der weiße Waldgeist des Dickichts erstarrten, als Sonne, Mond und Sterne erschienen.
Alles verwandelte sich in Stein.

Vielleicht hätten uns die reißenden Tiere vernichtet: der Löwe, der Jaguar, Schlange und Natter und der Waldschrat. Vielleicht lebten wir heute nicht im Ruhm, wenn die Sonne nicht die ersten Tiere versteinert hätte.

Freude erwärmte das Herz von Balam-Quitze, Balam-Acab, Mahucutah und Iqui-Balam.
Fröhlich waren sie, da es Tag wurde.
Viele waren es nicht, die da verblieben; nur wenige siedelten dort.
Dort fiel das Licht auf sie, dort spendeten sie ihren Weihrauch, dort gedachten sie kummervoll des Ostens, von dannen sie gekommen waren.
Das waren ihre Hügel gewesen, von da waren jene ausgezogen, die sich Balam-Quitze, Balam-Acab, Mahucutah und Iqui-Balam nannten.
Aber hier, auf des Berges Gipfel, vermehrten sie sich, das hier wurde ihre Heimat.
Da waren sie, als Sonne, Mond und Sterne erschienen, als es Licht wurde und das Antlitz der Erde, das Himmelsgewölbe aufleuchtete.
Da sang man zum ersten Male die Lichtklage.

Kummervollen Herzens, traurigen Sinnes sangen sie also:
"Wehe! Wir trennten uns,
Teilten in Tulan uns.
Älterer Bruder mein:
Wo bist du blieben?
Saget, in welchem Tal
Traf euch der Sonne Strahl,
Als der Nebel zerriß?"

Und sie fragen die Opferpriester der Yaquis: "Ist Tohil wahrlich der gleiche, den ihr Zeugeschlange und Federschlange nennt, ihr Männer vom Yaqui-Stamm?"
"jene sind mit uns zusammen von Tula-Höhle aufgebrochen und waren unsere Wegbegleiter, die Yaqui-Brüder, denen das Licht schon in jenem Land geschenkt wurde, das heute Mexico heißt. Auch gab es Fischerleute dort im Osten, die siegreichen Olmecas; bei denen sind wir nicht geblieben."

So sprachen sie untereinander.

Noch waren sie bekümmert in ihren Herzen, dort auf dem Berge Hacavitz.
Und auch die Tamub und Ilocab waren traurig, dort in dem Wald, der "Stammesbleibe" hieß, als es Licht wurde über den frommen Opferpriestern und ihrem Gott.

Nur einen Gott - Tohil ist sein Name - hatten die drei Quichestämme.
Auch die Rabinales hatten denselben Gott, nur ein wenig verschieden war der Name des Gottes von Rabinal: Hun Toh wurde er genannt.
Das ist der Grund, warum ihre Sprache dem Quiche so ähnelt.

Es ist aber etwas verschieden die Sprache der Cakchiqueles, denn von Tulan-Höhle hatten sie einen anderen Gott mitgeführt, der "Herr des Fledermaushauses" und "Große Schlange" hieß.
Darum unterscheidet sich deren Sprache bis zum heutigen Tag.
Und davon leiteten die Familien "Fledermausherr" und "Herr des Tanzes" den ihnen eigenen Namen ab.
Ihres Gottes wegen änderte sich ihre Sprache, als ihnen in Tulan der Gott in Stein gegeben wurde und sie in der Finsternis von Tulan aufbrachen.
Vereinigt waren alle Stämme, als es Licht wurde.
Ihre Namen aber hatten sie ein jeglicher nach seinem Gott.



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