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01.09.2006, bis nach Logrono

Heute gefahrene Strecke: 50,52 km

Um 7 mussten wir aus der Herberge draußen sein, Katharina hatte ihr Handy auf halbsechs gestellt. Wir standen mit den anderen auf, hatten das Handy gar nicht gehört.

Weinberge in der Morgensonne

Als wir unten vor der Herberge die Räder fertig machen, schob der Walter sein Wägelchen gerade aus der Garage: Er hatte einen Platten! Ein guter Grund, den Franz voraus zu schicken. Der Walter blieb zurück und reparierte sein Wägelchen und Katharina und ich fuhren gemütlich aus der Stadt. Heute fuhren wir nach Katharinas Plan, ein Stück auf der N111 entlang und dann auf dem Radweg. Die meiste Zeit schoben wir, es ging nur wieder endlose Steigungen hoch. Langsam nervte mich Katharina, so schön sie auch Spanisch konnte, aber wegen jedem Pipi, blauen Fleck, eingerissenen Fingernagel, Blase etc. machte sie ein Getue und sie hatte auch eine halbe Apotheke im Gepäck dabei. Alle halbe Stunde machte sie Pause, damit ihr Puls nicht zu hoch drehte und lauter so ein Hypochonder-Getue. Morgen wollte ich lieber wieder allein fahren, und das sagte ich ihr auch.

Wanderzeichen: gelbe Muschel

Wir vesperten mitten in der Einsamkeit auf einer im Bau befindlichen Straße, eine Schotterpiste. Als wir so aßen, da kam doch tatsächlich auf dieser Schotterpiste ein LKW daher. Ist schon irgendwie blöd: Wenn 2 Arschlöcher drin gesessen hätten, hätten sie nur halten müssen und uns eine auf den Schädel geben brauchen. Das nächste Auto käm hier ungefähr 3 Stunden später mal vorbei.

der Wanderweg mündet von unten rauf in die Straße...

...und geht auf der anderen Straßenseite SO weiter: Also das ist echt nix für Fahrräder

Wir fuhren recht gemütlich weiter, wollten eigentlich in Viana essen gehen. Weil wir von dort aus aber schon unser Ziel – Logrono – sahen, fuhren wir halt das Stück noch weiter. Katharina sagte dann auf einmal: "Da vorn ist was Rotes ... und es bewegt sich" – oh nein, der Diplom-Österreicher! Wir konnten nicht weg, weil es gab nur diese eine Straße, und außerdem hatte er uns schon gesehen und wartete auf uns. Also das regte mich auf und so sagte ich zu ihm: "Katharina und ich wollten eigentlich allein weiter fahren, weil wir möchten uns unter Frauen unterhalten". Das störte den Franz aber nicht geringsten und er schloss sich uns trotzdem einfach an.

Und schon gab er auch gleich wieder den Weg an! Den ganzen Tag gab es keine Diskussion um den Weg, Katharina und ich sind halt einfach gefahren, aber kaum hockt der Franz da, kramt er schon wieder sein Tom Tom aus der Tasche, das er nicht einmal lesen kann und schon gar nicht richtig interpretieren kann – wir sind ja schon froh, dass er nicht den Pfeil, der darauf angezeigt wird, irgendwie abschießen will. Angeblich hat das Teil 500 Euro gekostet, aber ich denk, wenn man ihm im Mediamarkt einfach einen Gameboy in die Hand gedrückt hätt, hätt das auch gereicht. Auf jeden Fall zeigte – lt. Franzens Interpretation – der Pfeil des Tom Tom nach gerade aus, während Katharinas Plan nach links wies. Nun war es aber so, dass die Straße nach links knickte und das, was grade aus weiter ging, eine ganz neue Straße gerade im Bau war, die noch gesperrt war. "Da kommen wir schon durch" sagte der Franz. So fuhren wir durch die Absperrung und eine Weile die frisch geteerte Straße entlang.

die neue Straße nach Logrono
Die Reifen fingen dann langsam blöd zu schmatzen an und wir stellten fest, dass der Teer noch verdammt frisch war ... und wenig später auch verdammt heiß war: Da sahen wir schon die Teermaschine und die Arbeiter ein paar Dutzend Meter vor uns, die gerade die Straße bauten. Ich hupfte mitsamt dem Rad gleich runter in die Böschung und schob dort lieber weiter, Katharina fuhr noch eine Weile auf dem frischen, heißen Asphalt und Franz hatte auf eben diesem bereits die Teermaschine erreicht.

meine Reifen: verschmolzen mit den kleinen Steinchen!

Als wir die Baustelle dann endlich hinter uns hatten, waren unsere Reifen total verklebt, voller Schotter, Steinchen und Teer. Wir fluchten sehr unpilgerisch: Es klebte auf der Straße, wir kamen kaum vom Fleck. Ich fuhr gleich durch Sand und Erde und fuhr Schlangenlinien, um den Dreck abzufahren. Seltsamerweise blieb Franz nun hinten, weit hinten, während Katharina und ich vorne weiterfuhren und schimpften wie die Rohrspatzen. In einer Kurve hinter uns sah ich noch was Rotes, das aber dann umdrehte und in der Kurve wieder verschwand und offenbar extra genau dort hinfuhr, wo wir nicht hinfuhren.

Wir kamen nach Logrono rein und waren eine halbe Stunde vor Öffnung der Herberge schon dort. Ich wollte in die Stadt und eine Stahlbürste kaufen um die Reifen sauber zu machen und Katharina sollte bei den Rädern bleiben und auf das Zeug aufpassen. Tatsächlich fand ich einen Kramladen, der Schuhputzbürstchen führte und kaufte für 75 ct 3 so komische, stählerne Zahnbürsten. Nun saßen wir vor der Herberge und schrubbten damit den Teer aus dem Reifenprofil.

Die Herberge war mittlerweile offen und wir checkten ein. Die Herberge war klasse: Am Eingang bot man uns Melonen an und frische Feigen (die kosten dort nicht wie bei uns 3 Stück nen Euro, sondern da kostet ein Kilo 29 ct). Die Leute waren freundlich und fürsorglich, echt klasse.

Steingemetzel in Logrono

Ich ging ein bisschen fotografieren, dann radelten Katharina und ich in einen Mountainbike-Laden, denn Katharina wollte sich evtl. neue Reifen kaufen (die macht ganz schön auf Prinzessin). Das sei aber nicht nötig, meinte der Verkäufer – also gingen wir wieder. Mei, ist das toll: Rad fahren ohne 20 kg Gepäck hinten drauf! Nur fliegen ist schöner. Wir gingen noch in einen Supermerkato und ich kaufte mir endlich eine Tube Aftersun und schmierte mir gleich auf der Straße meinen mittlerweile ziemlich kriminellen Sonnenbrand ein.

Als wir in die Herberge zurück kamen, war auch schon der Walter angekommen: da stand das Wägelchen mit dem Alphorn! Vom Franz war allerdings keine Spur, der war wohl anscheinend weiter gefahren.

das Blöde an den meisten Gebäuden ist: Sie sind so derartig groß, dass sie nie ganz auf ein Foto passen

Katharina und ich nahmen noch Teil an der Stadtführung, die sie uns von der Herberge aus kostenlos angeboten hatten – aber die war natürlich in Spanisch. In die Kathedrale konnten wir leider nicht, weil da war grad eine Hochzeit; in die andere Kirche konnten wir auch nicht, weil dort wurde gerade gebaut; in der 3. Kirche wurde gerade die Messe gelesen, da konnten wir auch nicht rein; das Museum wurde gerade umgebaut, da konnten wir nicht rein und die 5. Sehenswürdigkeit war das Parlamentsgebäude, da kann man sowieso nicht rein. Ich fotografierte noch eine Steinintarsie auf dem Gehweg, nämlich den Tod.

mittelalterliches Graffity auf dem Boden: der Sensenmann

Wir gingen danach wieder zur Herberge und aßen was. Im Hof durfte ich aber nicht essen, also stand ich auf mit meiner Wurst und stand dumm da. Da kam plötzlich ein Mann ganz hektisch und hielt mir was vor die Nase. Zuerst meinte ich, es sei ein Kreuz, aber als ich es nahm, war es ein kleines Schwert. Oh, das machte mich an!

Seitentor vom Dom in Logrono

Der Mann hatte noch 2 oder 3 Münzamulette in der Hand, die er an andere verteilte, dann war er schon weg und ich konnte nicht einmal mehr fragen, was das überhaupt soll. Das sprengte mir nun schon wieder meine seelische Verfassung und ich trottete mit meiner Wurst aus der Herberge, hockte mich ein wenig abseits und heulte. Die ruhigen Sessions mit Satan-Ahriman fehlten mir. Er war nicht so wie sonst, nichts war so wie sonst, ich hatte mir das anders vorgestellt. Es war auch andauernd so die Angst da: Angst, dass ich nen Platten krieg, dass die Kette reißt, dass das Bremsseil reißt, dass ich Lungenentzündung krieg oder mir den Fuß verstauch. Mit den ganzen Ängsten kam ich echt nicht klar. Das brachte mich nun zwar an meine Grenzen, aber nicht an die, an die ich kommen wollte.

Ich saß noch eine Weile vor der Kirche und fotografierte, da kam eine Spanierin mit einem Plastikkorb. Sie machte den Korb auf, da saßen drin 2 ganz kleine Kätzchen, höchstens 5 Wochen alt, und miezten. "Camino, camino" sagte ich und sie sah ein, dass ich die Miezerle nun grad echt nicht brauchen konnte.

mit den unmöglichsten Vehikeln bewegen sich die Leute hier vorwärts: ein umgebauter Kinderwagen voller Gepäck

Ich hustete ein bisschen, musste in Zukunft besser aufpassen, dass ich mir keine Erkältung holte.

zum Abschluss des Tages folgte die allabendliche Österreicher-Nummer

Ich ging wieder zurück in die Herberge, hatte auch meine Wurst gefressen und hockte mich zu Walter. Der brachte dann wieder seine Alm-Öhi-Show. Da hockte ich mich mal lieber weg, bevors noch Zoff geben würde. Ich konnte nicht verstehen, dass die Leute da klatschen und drauf einsteigen, also ich fand das sehr störend. Ich hätte gern ein wenig mehr Besinnung gehabt, weil Ramba-Zamba hab ich zuhaus jeden Tag, und hockte mich in die Treppen-Diele zur Statue vom Pilger. Jean, der alte Franzose, mit dem ich kurz vorher die Waschmaschine teilte und dessen Wäsche ich aufgehängt hatte, kam grad runter und machte gleich ein Foto von mir. Ein Regensburger Bub war auch da und hat mir einfach Wein eingeschenkt. Nun holte ich meine Wäsche aus dem Hof und dann legte ich mich ab.

weiter zum
nächsten Tag...



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