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über Betontreppen geht es hinunter zum Bunker
Einmal im Jahr, nämlich in der 1. Kalenderwoche, finden in Nürnberg zum Gedenken an die Bombennacht vom 02.01.1945 ein paar Sonderführungen statt. Dabei werden die Bunker der Stadt aufgeschlossen und zur Besichtigung freigegeben.

In Nürnberg gab es einst 6 Atombunker, heute gibt es nur noch 5. Der 6. wurde in den 1990er-Jahren umgebaut zum IMAX-Kino am Cinecitta.

Jeder Atombunker fasste ca. 2000 Leute. Hinein durfte, wer im Fall eines Atomalarms gerade vor Ort war. Die Wände der Atombunker sind nur 80cm dicker Beton. Im 2. Weltkrieg waren die Betonwände für die Stadtbunker mind. 1,70m. Sollte die Atombombe direkt über Nürnberg fallen, so hatte man auch in dem Bunker keinerlei Chance. Aber während des kalten Krieges ging man davon aus, dass die Russen ihre Atombomben auf ländliches Gebiet abwerfen würden, um gleich mehrere Städte zu verseuchen. Außerdem würden sie die Industrieanlagen, besonders die Rüstungsanlagen und Waffen ja anschließend übernehmen wollen. Diese sollten daher noch gebrauchsfähig sein. So sollten also die 80cm Betonwand lediglich dazu dienen, die verhältnismäßig geringe Strahlung abzuschirmen.

Der Bau des Bunkers kostete damals 3,5 Mio Mark. Nach heutiger Kaufkraft ist das umgerechnet 7,5 Mio Euro. Dabei war auch damals schon klar, dass das Teil eigentlich sinnlos ist, denn ob die Leute unter der Atombombe sofort sterben oder kurze Zeit später, wenn sie aus dem Bunker gekrochen kommen, macht ja kaum einen Unterschied. Die Bunker sollten wohl nur zur Beruhigung der Bevölkerung dienen.

Unter dem Hauptbahnhof gab es bereits im 2. Weltkrieg einen großen Bunker. Aus dieser Zeit existierte noch ein Gesetz, dass sofort ein neuer Bunker gebaut werden sollte, sofern ein bestehender abgerissen werden musste. Das war hier der Fall, denn im Jahr 1977 wurde unter dem Hauptbahnhof die U-Bahn gebaut. Dazu wurde der unterirdische Luftschutzbunker aus dem 2. Weltkrieg abgerissen und stattdessen ein damals zeitgemäßer Atombunker gebaut.

Belüftungsanlage mit Sandfilter
In den Bunker gelangt man durch das 1. Untergeschoss. Links und rechts neben den Rolltreppen in der Bahnhofs-Mittelhalle sind dafür ganz unscheinbare Türen. Ein weiterer Zugang ist durch die Bahnhofsmission, die bereits auf der 1. Etage des Bunkers untergebracht ist - also schon mittendrin. Am Südausgang vom Bahnhof ist ein weiterer Eingang.

Gleich zu Beginn der Führung sieht man die Belüftungsanlage. Von außen sollte hier die verseuchte und heiße Luft angesaugt und durch eine Sandfilteranlage geleitet werden. 2-5 mm große Sandkörner, also schon regelrecht kleine Steinchen, sollten die Strahlung aus der Luft filtern und vor allem die Luft abkühlen, die je nach Nähe zum Atombomben-Einschlagspunkt bis zu 400°C heiß sein konnte.

Aufenthaltsraum
Die 2500 Leute, die in den Bunker gefunden hatten, sollten auf diesen Pritschen schlafen. Angesagt war 8 Stunden Liegen und 16 Stunden Sitzen, denn nach dem Aufstehen durften sie sich auf diese poppig orangenen Stühle aus den 70er-Jahren setzen. Wozu diese seltsamen Kopfstützen an jedem Stuhl nutze sein sollten, wurde uns leider nicht erklärt - aber vielleicht will ich das auch gar nicht wissen?

Im Bunker ist ein großer Vorratsraum mit Plastikschüsseln und -bechern, für jeden 1 Decke, Tee und Pulversuppe für 2500 Leute, die 14 Tage lang reichen sollte. Es gibt Wassertanks, aber das Wasser darin ist für diesen Umfang nicht genug. Daher hat man auch noch bis auf 160m Tiefe einen Brunnen gebohrt, aus dem im Fall des Falles Frischwasser gepumpt werden sollte.

das Herz des Bunkers: ein Dieselmotor

Da die Belüftungsanlage sowie die Wasserpumpe, auch das Licht und weitere Einrichtungen Strom verbrauchen, steht in einem Nebenraum dieser Dieselmotor mit 180 PS. Bis heute wird das Teil regelmäßig gewartet und hat auch ein aktuelles TÜV-Plepperl irgendwo kleben.

Tanks mit dem Diesel

Ein Raum weiter stehen noch große Tanks, die auch heute noch mit Diesel befüllt sind. Dieser Motor ist der Stromgenerator der Bunkeranlage. Fällt er aus, gibts weder Belüftung noch Bewässerung und ihr könnt dann mal alle raus an die schöne, frische Luft...!

Waschraum für die Damen
Es gibt natürlich auch eine Menge Toiletten und diese Waschräume. Durch eine Pumpe sollten die Fäkalien über eine Klappenstrecke nach oben gelangen: immer häppchenweise Klappe auf, Fäkalien rein, Klappe zu, nächster Schritt mit Klappe auf... damit dabei nur keine verseuchte Luft von außen in den Bunker dringen konnte.

Vor dem Bahnhof dürfte es dann innerhalb von 14 Tagen ein ordentliches Häufchen Scheiße geben...

Dazu gibt es aber im Bunker auch noch einen Fallbrunnen, der zur Fäkalienbeseitigung dienen sollte. Daneben sind dann gleich die Wasserpumpen, lecker, aber immerhin ist das Wasser nicht atomar verseucht!

Küche und Geschirrablieferung
Die Suppe sollte in dieser Küche zubereitet werden. Dort gibts auch ein Eck zur Zubereitung von Babynahrung. Der Bunkerwart sollte nach jedem Essen ein paar Leute bestimmen, die abspülen mussten. Das wäre aber wohl eher eine willkommene Abwechslung geworden, wenn man am Tag nach 8 Stunden Liegen und 15 Stunden sitzen wenigstens 1 Stunde Abwasch machen durfte.

Auch ein Lagerraum mit Medikamenten ist im Bunker. Die Medikamente werden heute noch regelmäßig aufgefüllt und abgelaufene Packungen entsorgt. Unter den Medikamenten sind auch großteils Beruhigungsmittel, denn wenn einer durchdrehte, wollte man ihn kurzerhand ruhig stellen.

Dass in der feinen Suppe vielleicht auch schon irgendwas drin sein könnte, wurde uns nicht gesagt. Aber im Fall eines Atomkriegs ist das ja wirklich nun auch schon egal.

Führungskabine
Hier ist die Zentrale, wo der Bunkerwart sitzt. Im oberen Geschoss des Bunkers ist seit Beginn an die Bahnhofsmission untergebracht und dort sitzt ja rund um die Uhr medizinisch und auch psychologisch geschultes Personal, das natürlich als Erstes in den Bunker geht. Aus diesen Leuten besteht dann im Notfall das Leitungsteam des Bunkers.

nach innen oder nach außen: das Tor in die Hölle
Das ist das Nordost-Tor des Bunkers. Die Leute von der Bahnhofsmission stellen an jede Schleuse eine Person ab, die mitzählt, wieviele Leute schon in den Bunker gekommen sind. Nach dem 2500. wird diese schwere Eisentür mit einem Knopfdruck geschlossen. Eine Menge kleinerer Betonklötzchen liegen im Eingangsbereich herum, die dann vor die Tür geschlichtet werden, um die Strahlung noch bestmöglichst draußen zu halten.

Im Bunker selber hat es 0,5 Bar mehr als außen. Dieser Überdruck ist deutlich spürbar. Als das Tor aufging, wehte ein fröhliches Windchen von innen nach außen.

Entlüftungsanlage
Wer weiß denn schon, dass hier unter dem Hauptbahnhof ein Bunker ist? Wo sind die Luftschächte, die Rohre, die Ansaugstutzen, usw.?

In dieser unscheinbaren Litfassäule enden ein paar Luftentsorgungsrohre und der Auspuff des Dieselmotors. Man sieht oben in dem historisch anmutenden Krönchen einige dicke Löcher: Durch diese rauchen dann die Abgase des Motors. Jedesmal, wenn der Motor gecheckt und gewartet wird, wird vorher die Feuerwehr informiert. Passanten meinten dann nämlich schon oft, in der Litfassäule würde es brennen und schlugen Alarm.

Es ist nicht mehr wirklich geplant, den Bunker jemals in Betrieb zu nehmen. Die Anlagen funktionieren zwar noch, aber es ist klar, dass im Fall eines heutigen Atomkriegs auch ein Bunker keinen Schutz bietet. Der Stadtführer gab folgende fadenscheinige Erklärung dafür ab: "...aber wenn ja mal islamistische Terroristen mit einer Koffer-Atombombe auftauchen sollten..." dann kündigen sie es auch 2 Stunden vorher an, dass man in aller Ruhe in den Bunker kann und die Anlagen anwerfen kann. Das dauert nämlich mind. eine halbe Stunde bis alles läuft.

Die große Frage ist nun: Wozu gibt es den Bunker heute noch, der immerhin monatlich 2500 Euro Unterhalt/Wartungskosten verursacht?



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