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Der Friedhof von Johannis besteht aus drei Teilen:
Mittlerweile kommt noch das ehemalige Schießplatzgelände hinzu; das ist der "neue Friedhof".
Fotogalerie Johannisfriedhof |
Leichenhalle |
Vom heutigen Nordklinikum (Sternschanze) bis hin zur Bärenschanzstraße (Bärenschanze) und dann entlang der Pegnitz zogen sich damals die Schießschanzen und das militärische Gebiet hin. Die Arkaden sind die typische Friedhofserweiterung. Grüfte wurden in die Wände und den Boden der Schanzanlagen getrieben für die reichen Familien (Patrizier).
Unter einem Deckel im südöstlichen Teil des Friedhofs befindet sich noch ein Schacht. Man trifft 5m tiefer auf einen Gang, der zum ehemaligen Schießhaus führt, dem heutigen Pfarrhaus. Die Leute benutzten im WKII den Gang als Bunker. Damals war das Terrain noch Schießplatz. Man hat auch das Pulver in dem Gang gelagert, damit es nicht nass wurde. Der Schacht wurde erst im
Durch den Friedhof zieht sich ein großer, sehr atypischer Weg. Das war einst die Mauer zwischen dem Friedhof und dem Schießplatz. Vor der ehemaligen Mauer und dem heutigen Weg ist der alte Friedhof, danach der neue.
Erst 1866 bei der Schlacht von Solferino am Gardasee gewann man die Erkenntnis, das Feldschlachten effektiver sind als Verteidigungsschlachten. In diesem Zuge wurden dann auch die Festungsschlachten in Nürnberg aufgegeben. Erst ab da wurde dann die Ansiedlung Sankt Johannis ausgebaut als Gartenstadt für die Reichen. Dabei entstanden auch die Hesperidengärten.
Der Johannisfriedhof entstand als erster großer Friedhof, nachdem man in St. Lorenz und St. Sebald nicht mehr begraben werden konnte. Dies war zur Zeit der großen Pestepidemien: Man wollte die verseuchten Toten nicht innerhalb der Stadtmauern haben. So entstanden ex urbis (außerhalb der Stadtmauern) die Pestfriedhöfe: der Johannis- und der Rochusfriedhof.
das ehemalige Tor zum Ortsfriedhof |
An der Ostseite des Friedhofs baute man einen Passionsweg zur Sebaldungskirche. Eine ideelle Verbindung zur Via dolorosa sollte hier hergestellt werden. Um genau die Maße von Jerusalem zu wissen, schickte man eigens Pilger dort hin, die die Strecke abmaßen, die Jesus bei der Kreuzigung gegangen war, um genau in Erfahrung zu bringen, an welcher Stelle er zum ersten Mal zusammen gebrochen war und an welcher zum zweiten Mal... Die abgemessene Strecken wurden dann aber mehrmals korrigiert, denn man kam drauf, dass ja ein kleiner Mann kleinere Schritte machte als ein großer und man nicht wusste, wie groß Jesus war und wie lang dann die Strecke seiner Schritte gewesen war... Jaja *seufz*, das sind alles höchst wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Seligkeit, jaja, gell!
Die Stadt Nürnberg entschied nämlich, dass im Tode alle Leute - egal welchen Standes - gleich zu sein hatten. Die Gräber wurden daher axial von Ost nach West angelegt. Es durfte nur "heiliger Stein" verwendet werden; das war Sandstein. Wer hier heute ein Grab kauft, muss den bestehenden Stein mitkaufen. Zerbricht der Stein, muss der neue Stein wiederum aus Sandstein sein.
Die Holzschuher-Kapelle war ursprünglich eine Pest-Kapelle. Die Angehörigen der namenlosen und unzähligen Pesttoten sollten in ihr eine Stätte finden, ihrer Toten zu gedenken. Als die Pest dann vorbei war, kaufte die Familie Holzschuher die Kapelle als Familiengruft auf. Der Stadt Nürnberg war dies ganz recht, denn nun hatten sie jemanden, der sich um Restaurationsarbeiten und Unterhalt der Kapelle (finanziell) kümmern musste.
Die Holzschuher unterhielten einen Müllabfuhrbetrieb. Man konnte damit auch schon im Mittelalter gutes Geld machen. In ihrem Familienwappen über dem Eingang zur Stephans-Kapelle sind Stelzenschuhe abgebildet. Diese waren im Mittelalter bis 40cm hoch und ermöglichten den Müllmännern, sich möglichst unbesudelt durch den Morast zu bewegen.
In der Holzschuher Kapelle ist eine Skulptur von J.C.s Grablegung aufgestellt, die Hans Krafft hergestellt hat. Man sieht an den gut ausgearbeiteten Gesichtern das Werk des Meisters, während die grober gemeißelten Gesichter von den Gesellen hergestellt wurden.
In Nürnberg durften die Handwerksgesellen nicht heiraten, nur die Meister (in anderen Reichsstädten gab es ähnliche Anordnungen)! Wer als lediger und anhangsloser Geselle starb, wurde vom Handwerksmeister begraben. Auf den entsprechenden Gräbern findet man keine Namensnennung, nur das Handwerkszeichen. Jede Zunft hatte ihr eigenes Grab, finanziert durch die Meister.
Oft findet man an den alten Grabsteinen neue Epitaphien (Epitaph = griech. Trauertafel), manchmal auch auf der Seite oder der Stirnseite. Die Bronze-Epitaphien sind aus einer Legierung aus Eisen, Kupfer, Zink, zum Teil auch aus Mangan. Herr Burgschmied war ein berühmter Bronzegießer in Nürnberg. Nach ihm ist die Nürnberger Burgschmiedstraße benannt.
Jeder Stein hat eine Nummer. Die Nummerierung ist recht chaotisch aufgrund der Erweiterung und des Ausbaus des Friedhofs.
Es durften eine Weile keine Gräber mit Fundament angelegt werden, daher senken sich die Steine.
Am Sockel eines Grabes erkennt man, ob es sich um ein Erdgrab oder eine Gruft handelt. Die Gruften sind unter dem Grabstein ausgemauert und fassen bis zu
Der ganze alte Friedhof steht unter verschärften Denkmalschutz.
Auf einem alten Epitaph aus dem Jahr 1622 sieht man einen schlafenden Knaben, der seinen Ellenbogen auf einen Totenkopf stützt. Überall ist zu lesen "homo memento mori" (Mensch, gedenke des Todes!). Ein häufiges Symbol auf den Epitaphien ist eine Sanduhr, die darstellen soll, wie die Lebenszeit verrinnt. Totenschädel oder verrinnende Sandgläser waren Symbole für den Tod. Auch ein Seifenblasenbläser wird oft dargestellt: So wie die Seifenblasen aufploppen, so zerplatzen sie auch alsbald.
In der Barockzeit schwelgte man in starken Gefühlsschwankungen. Carpe diem (nutze den Tag) und der Tod lagen nahe beieinander.
Die Familienwappen, besonders die aus dem Barock, stellen oft komische Bezüge zu den Namen der Familie her. So hieß ein Verstorbener mit Namen "Bauch". Sein Wappen zeigt einen Mann, der in einem Schubkarren einen riesigen Bauch vor sich her schiebt. Dabei kann Herr Bauch durchaus schlank gewesen sein.
Oft werden auch die Familienmitglieder auf den Epitaphien dargestellt. Wer schon vor dem Familienvorstand (Vater) gestorben war, wurde durch ein Kreuz oder einen kleinen Totenschädel gekennzeichnet.
Im 19. Jahrhundert konnte man die Symbole auf den Epitaphien nicht mehr deuten. Auf einem Grab ist ein schlafender Knabe dargestellt, der ein Schaf hütet, am Kopf ist eine Echse. Man (miss)deutete dies jetzt zu einem sog. "Nürnberger G'schichtla" (Fabel): Da ein Schaf abgebildet war, konnte der Knabe wohl nur in einem Garten sein und so meinte man, er sei im Garten eingeschlafen und eine Echse sei ihm in den Mund gekrochen, woran er dann erstickt sei.
Dies ist natürlich eine erfundene Geschichte! Tatsächlich ist ein schlafender Knabe das Symbol der Seele des Menschen, das Lamm steht für J.C. und die Echse ist ein Zeichen für die Auferstehung.
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Mitten auf dem Friedhof steht ein Steinmal. Dabei waren ja keine Extravaganzen auf dem Friedhof geduldet, sondern jeder sollte das gleiche Grab haben. Das Steinmal ist auch kein Grab, sondern nur eine Gedenksäule. Der Ritter Münzer wollte nämlich im 15. Jahrhundert eine Kreuzfahrt machen, wurde dabei aber von den Muselmanen gefangen genommen. Seine Tage waren damit gezählt, denn man landete dabei als Galeerensklave oder ähnliches und hatte noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von einem halben Jahr. Nürnberg hatte jedoch gute Handelsbeziehungen zu Venedig und Venedig wiederum seinerseits zu Konstantinopel und so entstand eine große Verhandelei, bei der auch vermutlich Unsummen Geldes geflossen sind - so dass der Ritter Münzer tatsächlich wieder frei kam! Ihm, der sich schon tot glaubte, erschien dies wie eine Wiederauferstehung. Diese Wiederauferstehung ist auf dem Steinmal dargestellt. Daher kommt es auch, dass die Schergen keine römischen Uniformen tragen, sondern eine muselmanische Tracht. Um sich irgendwie erkenntlich zu zeigen und sich zu verewigen, rief der Ritter Münzer eine Stiftung ins Leben und stiftete jeden 30. Oktober, dem St. Wolfgangs-Tag (pfff: Halloween ist natürlich gemeint.), je 100 armen Männern die Kleider für den Winter. Darum durfte er dann auf dem Johannisfriedhof das Steinmal errichten. Natürlich hat er für diese Genehmigung wohl auch reichlich Geld an die richtigen Stellen fließen lassen. Die Stiftung bestand allenfalls bis Ende des 2. Weltkrieges.
Berühmte Nürnberger liegen auf dem Johannisfriedhof begraben, z.B. Albrecht Dürer (1471-1528), Willibald Pirckheimer (1470-1530), Veit Stoß (1445-1533), Adam Krafft (1455-1509)...
Albrecht Dürer's Grab |
In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts begann man dann, sich um die Berühmtheiten von Nürnberg zu kümmern und machte sich auf die Suche nach ihren Gräbern um diese aufzukaufen. Am 20.5., Albrecht Dürers Todestag, werden seitdem immer von der Stadt Kränze und Blumen an sein Grab gelegt.
Ein ziemlich protziges Grab ist das der Familie Paumgartner. Die haben mit ihren Epitaphien nicht nur gekleckert, sondern echt geklotzt. Heraldische Symbole, der Mohr der Tuchers, das Zeichen der Harssdörfer, Familienwappen bis hin zu Lorbeerkränzen schmücken ihr Grab. Ein Putto bläst Seifenblasen als Zeichen der Vergänglichkeit.
Der ältere Herr Paumgartner hat eine junge Dame geheiratet. Kurz nach der Hochzeit schied er aber leider dahin; man munkelte, es sei ihm wohl die Hochzeitsnacht zu viel gewesen. Die Dame hat dann alles mobile Hab und Gut gepackt, auch alles Geld, und zog damit von dannen. Erst Jahre später, als ein verarmter Verwandter verstarb, wurde das Grab für eine neue Beisetzung wieder geöffnet. Es wendete sich aber der Totengräber an den Rat der Stadt und weigerte sich, noch weiter zu graben, da in dem Grab Seltsames geschähe und sich der Mund des verwesenden Toten bewegen würde: Als man das Skelett untersuchte, stellte man zwar fest, dass Maden und Würmer die Ursache sei für die Bewegung des Kiefers, aber man fand hierbei ein Loch im Schädel des Toten und darin steckte noch ein Nagel! Es war also ein Mord! Seine Witwe hatte ihn wohl ermordet! Natürlich war diese längst über alle Berge und man fand sie nicht mehr, aber auf das Grab wurde zum Gedenken ein eiserner Totenschädel angebracht, dessen Kiefer wackelte. In ihm steckte auch ein Nagel, aber dieser wurde mittlerweile von Souvenirjägern entwendet.
Die Johanniskirche war früher durch eine Brücke verbunden mit dem Aussätzigenhaus. Seit Jahrhunderten ging an dieser Stelle eine Handels- und Heerstraße durch Johannis. Es wurden dabei aber nicht nur Waren und Waffen hier her geschafft, sondern natürlich auch Krankheiten. Daher stellte man ein Kontrollhäuschen hin und alle, die nach Nürnberg wollten, mussten sich erst untersuchen lassen, ob sie nicht an gefährlichen Seuchen erkrankt waren. Fand man an jemanden ein Lepramal, kam er in den Siechenkobel. Jedes Tor zu Nürnberg hatte einen solchen Siechenkobel.
Lepra wurde durch die Kreuzfahrer nach Europa eingeschleppt. Man nannte die Aussätzigen daher "unseres Herrn J.C. liebste Kranke". Sie genossen daher unter den Siechen besondere Rechte und durften auch in die Kirche gehen. Daher hat man vom Lepra-Haus zur Kirche die Brücke gebaut, damit die Kranken die Kirche besuchen konnten, ohne sich unter die Gesunden zu mischen. An hohen Feiertagen, nämlich Weihnachten und Ostern, durften die Aussätzigen auch in die Stadt gehen und um Almosen betteln. Sie trugen dabei einen spitzen, schwarzen Hut, eine Kutte, eine lange Stange mit einem Beutel daran und eine "Lazarus-Rassel", mit der sie sich schon von weitem als Leprakranke outen mussten. Der mittelalterliche Mensch war moralisch verpflichtet, ihnen etwas zu geben.
Als keine Leprafälle mehr auftauchten, hat man aus dem Siechenkobel das Gasthaus "schwarzer Adler" gemacht, das einen sehr schlechten Ruf gehabt haben soll. Man riss es im Jahr 1899 ab.
Bis 1525 war die Johanniskirche katholisch. Mit der Reformation wurde sie evangelisch. Sie überstand auch als eines der wenigsten Gebäude in Nürnberg halbwegs heil den 2. Weltkrieg, obwohl ganz Johannis schwerst beschädigt wurde. Man sieht hier also noch die seit ihrem Bau gewachsene Kirche. Die Galerien in der Kapelle kamen jedoch erst nachträglich dazu, als die Gemeinde so groß geworden war, dass sie in der Kirche keinen Platz mehr fanden.
In der Kapelle zeigt ein Bild, wie es im Mittelalter in Johannis ausgesehen hat: Der Blick zur Kaiserburg war völlig frei und Weinfelder waren dort überall angelegt. Bis 1480 war Nürnberg ein Weinanbaugebiet, danach wurde die Temperatur allerdings schlechter und der Wein gedieh nicht mehr.
An Nürnberg ging der Bildersturm vorbei: Man hat das Katholische trotz Reformation stehen lassen.
Das Grabmal der Familie Cramer-Klett ist das größte auf dem ganzen Friedhof. Es braucht das 30fache an Platz als die normalen Sandsteingräber. Die Fabrikanten Cramer-Klett waren der Vorläufer der MAN und fertigten Teile für den Eisenbahnbau. Der Flügeladler symbolisiert die Eisenbahn
Auf dem Johannisfriedhof findet sich auch das Grab des ersten Lokführers. Die erste Eisenbahn in Deutschland fuhr zwischen Nürnberg und Fürth im Jahr 1835. Der Lokführer kam aus England, da das Eisenbahngewerbe ja in Deutschland etwas völlig Neues war. Er hat damals ungefähr das verdient, was heute ein Vorstandsvorsitzender verdient, daher blieb er in Nürnberg. William Wilson starb 1862, was auf einem kleinen Täfelchen auf einem Grab nahe der Leichenhalle vermerkt ist: "Maschineningenieur und Führer der 1. Locomotive in Deutschland"
Zu Albrecht Dürers Zeiten war das Beinhaus dort, wo sich später die Desinfektionsanstalt befand. Heute ist das ein Stadtteilzentrum. Man munkelt, dass man die Desi als Friedhofs-Erweiterung haben möchte, man sieht die Desi nicht gerne.
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