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02.09.2006, ich fuhr wieder allein weiter bis Santa Domingo

Heute gefahrene Strecke: 55,72 km

seltsame Nekrophilen-Sitte: in den Maschendrahtzaun eingewebte Todeszeichen aus Müll und Klopapier

Gestern hab ich zur Katharina noch gesagt, dass ich gern allein weiterfahren tät – was für ein Glück, dass ichs gestern schon gesagt hatte, denn als wir heute morgen losfahren wollten, war Katharinas Gangschaltung hinüber. Sie schimpfte, dann heulte sie (tät ich wohl auch), der Heimleiter kümmerte sich toll drum und ich sattelte mein Rad und sah zu, dass ich weg kam. Sie sagte ja auch, ich könnte ruhig schon fahren. Na, dann los.

Ich fuhr erst mal auf einer Straße, die ich für die N120 hielt, aber landete natürlich wieder auf der Autobahn. Ich hasse Autobahnen! Ich fuhr zurück und folgte dem Wanderzeichen. Dann fuhr ich halt den Fußweg. Das war erst mal eine gute Entscheidung, denn da waren die wirklich romantischen Sachen.

Friedhofsmauer mit Tor

Ein Händler stand auch schon am Weg mit seinem Auto und packte seine Waren aus (Essen, Früchte, Melonen). Die machten da das volle Geschäft mit den Pilgern. Zuerst war der Fußweg noch asphaltiert, aber dann wurde es teilweise ne ganze schöne Holper-MTB-Strecke. Ich überholte die ganzen Wanderer aus der Herberge. Das war echt lustig, denn alle paar 100m ist einer "ola ola!" Irgendwann hatte ich sie dann alle gepackt.

Ausschnitt aus dem Tor

Ich kam in ein Dorf (Najera), da war eine Herberge und 2 Berlinerinnen standen oben und riefen "buon camino!" Aber ich war ja auch deutsch und wir wechselten ein paar Worte. Ich fuhr weiter, immer den gelben Pfeilen, Strichen oder einfach Klecksen hinterher. Der Weg führte durch die Weinberge. Die Landschaft wurde nun auch deutlich grüner. Dann hatte ich langsam die letzten Wanderer von der nächsten Herberge eingeholt und überholte wieder einen ganzen Pulk so tröpfchenweise. In einem Kaff (Name vergessen) sah ich auch einen Touristenladen, der Muscheln verkaufte. Für 1,80 Euro hatte ich nun auch eine Muschel.

Steinmännchen

Ich kam in ein Wegstück, da lagen ewig viele Kiesel (wäre sogar ohne Gepäck eine echte Herausforderung, das zu fahren) und an den Seiten standen lauter Steintürmchen. Das sah irgendwie höchst grotesk aus, aber da baute ich natürlich gleich mal auch ein Türmchen dazu.

extra für Fahrräder ausgewiesener "Radweg"

In der Herberge abends erfuhr ich dann, dass man nur 1 Stein irgendwo hinlegen sollte, das sei die Anlehnung an irgendein blödes Gleichnis. Oh. Sollte ich etwa zurück fahren und mein Türmchen wieder einreißen? Ich hab irgendwie das Gefühl, ich hab eine tiefe, innere Natur-Arroganz und das mit einer beispiellosen Selbstverständlichkeit. Naja, jedenfalls schob ich den Kieselweg erfolgreich. Irgendwo kaufte ich mir dann auch noch ne Wurst und futterte bissel was. Meinen Fetzensonnenbrand cremte ich auch ein.

ich

Eine Engländerin machte eins der wenigen Bilder von mir. Ich hatte nun auch schon die 2. SD-Karte drin, hatte schon ca. 600 Bilder gemacht. Bei Gelegenheit wollte ich mir noch eine Reserve-Karte kaufen.

Ich kam in Santa Domingo an, hielt Mittagessen, kackte irgendwo hinter eine Mauer und hinterließ dort auch meinen o.b. *würg* Sauerei, aber was wollte ich machen? Dann legte ich mich in eine Anlage in den Schatten, hielt Siesta und pennte.

die Hühnchen-Kathedrale

Ich hatte mir das Handy auf 16:00 Uhr gestellt, denn da sollte die Kathedrale aufmachen und die wollte ich mir anschauen.

Eigentlich wollte ich danach weiter fahren, aber dann fiel mir ein, dass morgen Sonntag sein würde und ich morgen NICHT in Burgos sein wollte, weil ich dort ja einkaufen wollte. Also blieb ich hier – Satan-Ahriman freute sich, denn der gaferte schon die ganze Zeit rein, ich sollte hier bleiben.

Mittelalter und Moderne treffen sich in der historischen Herberge: links hinter dem Tor eine Internet-Ecke mit Breitbandanschluss - rechts ein Leiterwagen mit Pferde-Deichsel

Ich checkte ein in der Herberge: Die war gigantisch schön! Also da war echt eine Herberge besser als die nächste. Es war ein mittelalterliches Gebäude, voll renoviert – und es kostete nicht mal was, nur eine Spende: Ich zahlte 5 Euro. Ich duschte mich (kaufte vorher ein: jetzt hatte ich endlich auch ne Seife!). Da hörte ich ewig laute Musik. Was ist das? Eine Tussi aus Jena klärte mich auf: Da ist heute ein Rockkonzert. Oh nein! Überall hingen auch Plakate "Kikeriki-Rock". Noch hatten die nur Tonprobe, aber später johlte es dann los. Sollte ich vielleicht mal "Helga!!!" in den Schlafsaal brüllen?

ein paar steinerne Heilige

Ich wollte die Kathedrale mit den Hühnchen sehen, aber da war schon wieder eine Hochzeit und rausgeputzte Leute standen überall herum. Dann machte ich halt nur von außen Bilder.

eins der unmöglichen Fahrzeuge, mit denen hier manche Pilger unterwegs sind

Ich SMSte die Katharina an, ob sie auch schon da war, kriegte aber keine Antwort.

Es war heut herrlich warm, nicht ganz so scheiß-heiß wie gestern. Früh wars sehr kalt: Weste und Jacke und Strümpfe an gehabt.

die Hühnchenkirche bei Nacht

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