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31.08.2006, mit Katharina und den Österreichern nach Estella

Heute gefahrene Strecke: 65,00 km

Heiligenbildchen im Frühstücks-Zimmer: da vergeht mir der Appetit gleich nachhaltig bis Mittag!

Früh um 6 Uhr ertönte ein Horn – während ich mich schon aufregen wollte über nächtliche Störungen, kapierte ich grad noch, dass hier die Ersten nun schon aufstehen. Also stand ich mit dem 2. Schwung auf. Im Gang rollerte ich meinen Schlafsack zusammen und packte meinen Krempel. Als ich unten im Treppenhaus mein Fahrrad sattelte, sprach mich eine andere Radlerin an, die sich nicht aus der Stadt zu finden zutraute (ja mei *tief seufz*, ich war halt unter Christen, das wusste ich ja). Ich hatte da noch meinen Stadtplan von der Touristen-Information. Also wartete ich, bis die andere fertig war mit ihrem Rad und gemeinsam fuhren wir dann den Weg, von dem ich meinte, dass er aus der Stadt führte. Die andere fuhr aber nur maximal so 12 km/h, da schliefen mir ja die Füß' dabei ein! Unterwegs kam aus einem Park eine andere Radlerin gefahren, das war sogar eine Deutsche, die Katharina, 20. Zu dritt suchten wir dann den richtigen Weg aus der Stadt. Die Schnecke mit ihren 12 km/h ließen wir irgendwann einfach nur hinten liegen, die nervte: wenn sie so rumschlich, war sie selber schuld.

Rückblick auf Pamplona kurz nach Sonnenaufgang

Nach ein paar km kamen Katharina und ich an einer Herberge vorbei, da standen 2 Radler: Walter (62) und Franz (60) aus Österreich. Oh mei, waren das 2 Gestalten! Das durfte ja nicht wahr sein, denn der Walter hatte an seinem Fahrrad einen selber gebastelten Anhänger dran hängen, auf dem transportierte er unter anderem ein in 2 Teile zerlegtes Alphorn und 12 weitere Musikinstrumente (ok, ok, dazu zählte er auch Maultrommel und Mundharmonika, also sooo wild wars auch wieder nicht: ein Klavier war schließlich nicht dabei). Oh weh oh weh: Österreicher! Mädel – Bub – Depp!

Walter mit seinem Alphorn-Wägele

(Das ist ein Joke, wer ihn noch nicht kennt: Ein Lehrlings-Engel wird im Himmel an der Babymaschine angelernt. Der Meister-Engel sagt: "Es geht so: Mädel – Bub – Depp - Mädel – Bub – Depp...". Der Meister geht in die Pause, aber als er zurück kommt, hört er schon von weitem: "Depp, Depp, Depp..." Oh weh – schnell rennt er hin, aber der Lehrling sagt: "Keine Panik. Wir haben einen Großauftrag aus Österreich rein gekriegt")

Sonnenaufgang

Die Katharina kannte den Joke auch – die Österreicher kannten ihn natürlich nicht - und so lachten wir die ganze Zeit immer wieder "Mädel – Bub – Depp..." Mit den Österreichern fuhren wir dann zu viert weiter. Erst fuhren wir so, wie ich das sagte, denn ich wollte über Campanas nach Puente la Reine: das war zwar ein kleiner Umweg, aber wenigstens schön auf der Straße, im weiteren Umkreis gab es keine Autopista und man konnte sich nicht großkotzig verfahren.

Landschaft nach Pamplona

zwischen Pamplona und Campanas

Katharina stöhnte. Es war ihr erster Tag und sie hatte nicht trainiert. Walter mit seinem Alphorn fiel immer wieder schwer zurück. Franz wartete dann ganz demonstrativ oder er half ihm, das Rad zu schieben – also dem hätt ich was geschissen! Sie tauschten die Räder und Franz schob den Anhänger. Dabei schimpfte er bei Katharina und mir andauernd über den Walter, der angeblich so ehrgeizig sei und diesen Weg hier sowieso nicht schaffen würde und ihn (Franz) nur aufhielt. Bald kamen wir dahinter, dass Franz den Walter nur hoffnungslos runterputzte und sich selbst andauernd profilieren musste. An einer Rast erzählte Franz auch noch, dass er Ingenieur im Bergbau ist bzw. war (ah geh! Ausg'schaut hat er eher wie ein pensionierter Skilehrer). Seitdem war er für mich nur noch "der Diplom-Österreicher" – "Mädel, Bub, Depp" halt, nä...

Campanas im Morgennebel: das Grauen nähert sich, die Österreicher kommen, es gibt kein Entrinnen!

Puente la Reine

die Pilgerbrücke in Puente la Reine

In Puente la Reine vesperten wir. Dann gings weiter. An einem Stausee diskutierten wir noch, ob wir nach links oder rechts sollten, aber links gings vehement den Berg hoch und es sah uns dann doch mehr nach rechts aus. Also fuhren wir alle rechts. Aber kurz nach der Abzweigung ging es auch hier gigantisch die Serpentinen hoch, wir konnten nur noch schieben.

wir schieben schon wieder

alles Diskutieren hilft nix: wir müssen wieder runter und auf der anderen Seite rauf

Die Sonne brannte gnadenlos runter und kein Schatten war weit und breit. Als wir den Berg endlich oben waren, war dort ein kleines Dorf. Wir sahen schon ein Schild nach Estella, das genau in die Richtung bergab zeigte, aus der wir soeben bergauf gekrochen gekommen waren. Katharina konnte Spanisch und diskutierte noch erst mit ein paar Bauarbeitern herum, aber es half nichts: 2 Stunden umsonst geschoben, wir mussten wieder runter.

traumhafter Ausblick auf den Stausee

Mein Sonnenbrand war mittlerweile so schlimm, dass ich lieber meine Jacke anzog, weil die Sonne so arg auf der Haut brannte. Im Gesicht half das natürlich nichts, die Lippen schwollen mir auf, ich kam mir vor wie ein Neger. Mit Jacke schwitzte ich natürlich erst recht wie ein Depp und ich schüttete mir Wasser ins Genick und in den Ausschnitt. Ich hatte echt Probleme mit der Hitze und der Anstrengung und fürchtete ernsthaft, dass es mich umbeuteln könnte.

Serpentinen-Strecke um den Stausee

Das nächste Etappenziel war Lorcas. Der Franz war voraus gefahren, er musste ja den tollen Macker markieren. Die Katharina und ich schoben den Berg rauf. Oben wartete der Franz ganz demonstrativ, na den mach ich jetzt fertig. "Siehst recht schlapp aus" sagte ich. "Das täuscht", meinte der Franz, denn morgen würde er bestimmt 100 km fahren. "Na das will ich sehen!" stichelte ich "das schaffst doch du nie!" Morgen wollte ich ihn so lang sticheln, bis er sich wirklich genötigt sah, 100 km zu machen, dann hatten wir ihn los, Katharina und ich: Der ging uns nämlich mittlerweile auf die Eierstöcke.

Der Walter dagegen kam und kam nicht. Wir machten uns echt schon Sorgen, also zumindest ich. Franz spielte gleich wieder den Macker: Er wollte zurück fahren und Walter suchen. Aber kaum fuhr er los, kam Walter den Berg herauf geschlurcht. Wir beschlossen nun, rücksichtslos voraus zu fahren und Walter einfach zu lassen, wo er war. Walter wollte das eh schon die ganze Zeit und ich glaub, er hat sich gerade extra viel Zeit gelassen um – wie Katharina und ich – den Franz endlich voll Stoff in die Wüste voraus zu schicken und ihn los zu haben.

Nun stachelte ich Franz noch ein wenig an, warum er gar so schleicht und ob er wohl schon auf Weichei macht – und schon schoss er ab und Katharina und ich hatten ihn los. Gemütlich fuhren Katharina und ich weiter und km-weit hinter uns fuhr noch gemütlicher der Walter.

Estella

In Estella trafen wir aber allen Übels Franz wieder, der hatte dort wohl Rast gemacht (wahrscheinlich schaffte er nur wenige Meter vor uns, immer außerhalb der Sichtweite – und tat dann so, als hätte er Stunden lang auf uns gewartet). Wir fanden auch gleich die Herberge, denn Katharina konnte ja Spanisch und fragte sich toll durch.

In der Herberge duschte ich erst mal und zog mich um. Mein T-Shirt hatte einen weißen Rand um die Gegend vom BH herum: fest getrockneter Schweiß, igitt, ich sah aus wie die Wildsau persönlich. Danach ging ich mit Katharina einkaufen und was essen.

Walter gibt seine Alm-Öhi-Show

Als wir zur Herberge zurück kamen, war auch mittlerweile Walter schon eingetroffen. Er spielte gerade ein Ständchen auf der Trompete, danach holte er das Alphorn und spielte darauf noch eins auf. Die Anwohner glotzen schon böse. Ich seilte mich mal lieber ab, denn ich konnte mir vorstellen, dass das noch Stunk geben könnte. Als Katharina und ich oben in unseren Betten waren, hörten wir noch weitere Liedchen und Gedudel, das Walter unten auf der Straße zum Besten gab. Der Typ hat doch echt ne Macke! Von denen Österreicher hat doch einer die größere Macke als der andere.

weiter zum
nächsten Tag...



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